Wahlpatt in NRW - Werden die Verhältnisse hessisch?

Düsseldorf/Wiesbaden. Hessen ist ein Stück weit auchNordrhein-Westfalen. Seit dem Patt bei der Landtagswahl sind auch anRhein und Ruhr die berüchtigten „hessischen Verhältnisse“ eingetreten.Das bedeutet: keine klaren Mehrheiten und eine äußerst schwierigeRegierungsbildung.

Denn dem neuen Landtag in NRW gehören wie in Hessenkünftig fünf Parteien an. Auch am Rhein macht die Linke dieRegierungsbildung so schwer.

Wie in Nordrhein-Westfalen hatte es bei der Landtagswahl in HessenAnfang 2008 weder für eine CDU/FDP-Koalition noch für Rot-Grüngereicht. Wie in Hessen hatte es in Düsseldorf am Wahlabend am Sonntagzunächst noch so ausgesehen, als könnte die SPD stärkste Partei werden.

Wie in Hessen hatte aber am Ende die CDU in NRW die Nase ganz knappvorn. Um 3500 Stimmen - einen Zehntelprozentpunkt - lag die CDU vor der SPD. In Düsseldorf hatte die CDU mit rund 6200 Stimmen -ebenfalls eine Zehntelprozent - die Nase vor der SPD.

Auf keinen Fall will sich aber die NRW-SPD-Spitzenkandidatin HanneloreKraft mit ihrer gescheiterten hessischen Parteifreundin AndreaYpsilanti verglichen sehen. Ypsilanti wollte eine große Koalition unterder Führung des hessischen Regierungschefs Roland Koch (CDU) nach ihremgefühlten Wahlsieg nicht eingehen. Also steuerte die SPD-Vorsitzendedoch auf die Kombination zu, die sie im Wahlkampf stets kategorischausgeschlossen hatte: ein Zusammengehen mit der Linkspartei.

Während Ypsilanti mit den Versuchen, ein rot-rot-grünes Bündnis zuschmieden, ein Debakel erlebte und ihr vier SPD-Abgeordnete dieGefolgschaft verweigerten, regierte Koch die ganze Zeit übergeschäftsführend weiter. Bei der vorzeitigen Landtagswahl im Januar2009 siegten CDU und FDP dann überlegen über die demoralisierte SPD.

„Hessen ist nicht Nordrhein-Westfalen“, betonte Kraft am Dienstag inBerlin. Anders als Ypsilanti hat die Kraft eine Zusammenarbeit mit derLinkspartei nie grundsätzlich ausgeschlossen. Sie betonte im Wahlkampfzwar gebetsmühlenartig, dass die Linke in NRW „weder koalitions- nochregierungsfähig“ sei. Aber jetzt muss Kraft Farbe bekennen. Die Linkehält sich bereit. Kraft könnte nur an der Spitze eines rot-rot-grünenBündnisses oder einer Ampelkoalition in die Staatskanzlei einziehen.

Sollte sich aber die SPD in NRW in der Gretchen-Frage, wie sie es mitder Linken hält, zerlegen wie die Hessen-SPD, dann könnte theoretischMinisterpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sogar eine zweite Chance wieKoch in Hessen bekommen.

Nachdem Rüttgers in der Wahlnacht offenbarseinen Rücktritt angeboten hatte, kündigte er am Dienstag an: „Ich binMinisterpräsident von Nordrhein-Westfalen.“ Und diesen Anspruch aufdieses Amt behalte die CDU auch. Ob Rüttgers damit auch Regierungschefbleiben würde, ist also offen. Und das wäre dann dernordrhein-westfälische Unterschied zu den hessischen Verhältnissen.