Berlin. Steuersenkungen auf breiter Front, ein höheres Schonvermögen für Hartz-IV-Bezieher und mehr Geld für Familien mit Kindern: Kurz nach Beginn der Koalitionsgespräche wird immer deutlicher, dass Union und FDP dafür kaum finanzielle Spielräume bleiben.
Die künftigen Partner müssen in der neuen Legislaturperiode bis zu 34 Milliarden Euro zusätzlich aufbringen, um die neue Schuldenregel im Grundgesetz nicht gleich zu verletzen. Dabei sind mögliche Mehrausgaben oder Mindereinnahmen, die sich zum Beispiel durch Steuersenkungen ergeben würden, noch gar nicht berücksichtigt.
Der FDP-Finanzexperte Hermann-Otto Solms, der als neuer Bundesfinanzminister im Gespräch ist, zeigte sich demonstrativ überrascht: "Der Status ist entsetzlich", sagte er. "Die Regierung hinterlässt uns einen finanzpolitischen Scherbenhaufen." Alle Wahl-Versprechen müssten daher "auf der Zeitschiene verteilt" werden. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel dagegen versicherte, dass ein Spielraum für Steuersenkungen vorhanden sei. Zur Größe dieses Spielraums äußerte er sich nicht.
Die fünf Wirtschaftsweisen sind da deutlich pessimistischer. Ihrer Ansicht nach kommt die neue Bundesregierung mittelfristig nicht um Steuererhöhungen herum. Dass sich eine Steuersenkung quasi selbst finanziere, wie von der FDP behauptet, bezeichneten sie provokant als "Märchen".
"Für nennenswerte Steuersenkungen besteht auf absehbare Zeit kein finanzieller Spielraum", schreiben Peter Bofinger, Wolfgang Franz, Christoph Schmidt, Beatrice Weder di Mauro und Wolfgang Wiegard. Eine erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer sei "noch die beste unter allen schlechten Lösungen". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat diesen Schritt stets ausgeschlossen. Die Steuer war schon 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben worden. dpa/ams