Bei Fahrlässigkeit zahlt die Versicherung
Ab 2009 gilt das neue Recht bei der Schadensregulierung auch für Altverträge.
Berlin. Mehr Rechte und mehr Informationen für Versicherte: Das ist der Kern des neuen Versicherungsvertragsrechts, das seit Anfang 2008 in Kraft ist. Bislang galten die Regelungen nur für neu geschlossene Verträge. Mit dem Jahresbeginn endet jedoch die Übergangszeit, und auch alle Altverträge fallen nun unter das neue Recht. Versicherten räumt es bei der Schadensregulierung bessere Chancen ein und verspricht mehr Durchblick.
Mit Schreiben an ihre Versicherten haben viele Unternehmen in den vergangenen Wochen über die neuen Regelungen informiert. Denn aufgrund des neuen Rechts müssen die Versicherungsbedingungen angepasst werden. Nichts genaues weiß man nicht, so lässt sich allerdings der Tenor von Branche und Verbraucherschützern zusammenfassen. Dabei sind die Umwälzungen enorm: Vor einem Jahr hieß es zum Beispiel, erst die Gerichte würden den allgemeinen gesetzlichen Rahmen bei der Schadensregulierung mit Entscheidungen in Einzelfällen ausbuchstabieren.
Es gibt allerdings noch keine Erfahrungen damit, heißt es beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). "Der Grund: Es wurde dem Kunden immer schon ein Vergleichsangebot unterbreitet", sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. "Denn auch die Versicherer wissen: Ein Gericht wird am Ende abwägen und entscheiden, ob einer 70 oder 30 Prozent Schuld hat."
Das betrifft die erste grundlegende Neuerung: den Wegfall des sogenannten Alles-oder-Nichts-Prinzips. Wer im alten Recht grob fahrlässig handelte, bekam von seiner Hausrat-, Wohngebäude- oder Kfz-Versicherung oft kein Geld. Nun dürfen die Versicherer nach dem Gesetz nur je nach der Schwere des Verschuldens bei der Leistung Abzüge machen. In jedem Fall muss aber ein Teil gezahlt werden. "Telefonieren während der Fahrt oder ein gekipptes Fenster im Haus - diese Schadensfälle sind das", sagt Rudnik.
Ob es nach einem Unfall aufgrund einer missachteten roten Ampel künftig 50 Prozent der Schadenssumme gibt oder 20 Prozent, ist aber immer noch unklar. Erst über Jahre werde es Tabellen geben, in denen die genauen Quoten stehen. In Millionen von Fällen pro Jahr einigten sich Kunden und Unternehmen gütlich. Und nach Beobachtung der Anwälte arbeiten die Versicherer daran, dass das auch so bleibt.
"Die Versicherer wissen ja noch gar nicht, wie viel sie leisten müssen. Es ist unklar, was auf sie zukommt", sagt Monika Maria Risch, Fachanwältin für Versicherungsrecht. Ihres Wissens nach erstellen die Versicherungen schon seit einigen Monaten "Leistungstabellen", in denen der Grad des Verschuldens durch prozentuale Angaben beziffert werde. "Dabei geht es darum, Schadensfälle günstig für die Versicherer zu regulieren." Dabei wollte der Gesetzgeber mit dem Recht den Versicherten dienen. Daher gibt es eine weitere Vorschrift: Jedem Kunden muss vor Vertragsschluss ein maximal zwei Seiten langes Produktinformationsblatt ausgehändigt werden.