Arbeitgeber bezahlt Erste Hilfe bei psychischer Belastung

In Gladbach gibt es für Mitarbeiter ein besonderes Angebot. Die Kassen beteiligen sich nicht.

Mönchengladbach. Fehlzeiten bei der Arbeit gehen in NRW zu 20,7 Prozent auf psychische Störungen zurück. Diese im jüngsten Gesundheitsreport der Krankenkasse Barmer GEK veröffentlichte Zahl zeigt nicht nur das Leid der direkt Betroffenen. Sie belastet auch Arbeitgeber und Krankenkassen, die die Personallücken füllen und die Kosten finanzieren müssen.

Das Problem bei psychischen Erkrankungen: Oft muss man monatelang warten, um einen Termin beim Psychotherapeuten zu bekommen. Eine Zeitdauer, innerhalb derer sich ein Krankheitsbild verfestigen und verschlimmern kann. Die Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, die Verwaltungsaufgaben der städtischen Altenheime und der ambulanten Dienste wahrnimmt, wollte diesen Zustand nicht länger hinnehmen. Helmut Wallrafen-Dreisow, Geschäftsführer der Sozial-Holding, erklärt die Idee: „Unsere Mitarbeiter sollen bei psychischen Belastungen sofort die nötige Hilfe erhalten, um einer seelischen Erkrankung vorzubeugen.“

Die Sozial-Holding schloss daher einen Vertrag mit dem Beratungsunternehmen AHG-Assist. Deren Geschäftsführer Bernd Wittmann beschreibt: „Wenn ein Mitarbeiter der Sozial-Holding uns kontaktiert, bekommt er innerhalb von 14 Tagen ein Erstgespräch mit einem unserer Psychologen.“ Ganz wichtig dabei sei die Zusage, dass der Arbeitgeber „nicht erfährt, wer zu uns kommt“. Wohl führe man halbjährlich mit dem Arbeitgeber Analysen durch, welche Themen in diesen Beratungen angesprochen würden. Dies sei dann ja auch ein Ansatzpunkt für Verbesserungen bei den Arbeitsabläufen.

Nach mehr als einem Jahr Laufzeit zeigt die Initiative aus Sicht von Sozial-Holding-Geschäftsführer Wallrafen-Dreisow bereits gute Erfolge: „Es gab mehr als 120 Beratungsgespräche.“ Und die Tage der Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankung seien drastisch zurückgegangen.

Dennoch ist Wallrafen-Dreisow alles andere als zufrieden. Er kritisiert die Haltung der Krankenkassen. „Wir zahlen circa 45 Euro pro Jahr und Mitarbeiter für die Beratung.“ Doch wenn es um eine Beteiligung der Krankenkassen an diesem Projekt geht, seien diese „überhaupt nicht zum Dialog bereit, klagen aber medial über die hohen Fehlzeiten. Das ist scheinheilig.“

Die Techniker Krankenkasse begründet ihr fehlendes Engagement so: „Das Projekt bietet allgemeine Lebensberatung. Diese dürfen die gesetzlichen Krankenkassen nicht bezuschussen.“ Ein Sprecher weist auf eigene Beratungsangebote der Kasse hin, etwa Seminare zur Burn-out-Prävention.

Die DAK Gesundheit argumentiert ebenfalls, die Kasse habe Vergütungsvereinbarungen mit Ärzten und Therapeuten. Eine Vergütung für solche Leistungen an Arbeitgeber sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die Barmer GEK weist darauf hin, dass es bereits Gespräche über eine Beteiligung an dem Projekt gab, das Ergebnis sei noch offen. Auch die Barmer biete im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements Seminare zur Stressbewältigung an.