Nie mehr sprachlos - Im Job gekonnt kontern

Hamburg (dpa/tmn) - Am liebsten würde man den fiesen Spruch des Kollegen frech und witzig parieren. Dumm nur, dass einem der schlagfertige Konter meist erst Stunden später einfällt. Dabei lässt sich Sprachlosigkeit vermeiden.

Es gibt Menschen, die haben ihre Schlagfertigkeit perfektioniert und auch noch zum Job gemacht. Harald Schmidt gehört definitiv in diese Kategorie und auch Thomas Gottschalk. Viele Politiker haben sie sich antrainiert, und selbst bei den vermeintlichen Naturtalenten steckt harte Arbeit und viel Übung dahinter. Denn Schlagfertigkeit kann man lernen. „Ein Michael Schumacher mag zwar talentiert sein, wäre aber ohne Training niemals mehrfacher Formel-1-Weltmeister geworden“, sagt der Rhetorik- und Schlagfertigkeitscoach Matthias Pöhm aus dem schweizerischen Bonstetten.

Doch wann fehlen uns eigentlich die Worte? „Das sind meist Situationen, in denen die Kommunikation ihre geordnete Bahn verlässt und etwas gesagt wird, mit dem man nicht gerechnet hat“, erklärt die Hamburger Trainerin Nina Deißler. Das kann beim Einkauf an der Käsetheke sein, beim Flirten oder im Bewerbungsgespräch - auf jeden Fall meist in Situationen, in denen man aufgeregt ist. „Adrenalin macht zwar schnell, leider aber auch dumm“, ist Deißlers Erklärung dafür. Zudem sei man oft zu lieb, zu höflich, um das zu antworten, was einem tatsächlich auf der Zunge liegt. „Davon muss man sich frei machen, wenn man schlagfertig sein will“, sagt die Kommunikationspsychologin. Ebenso von der Idee, dass es nur eine einzige wahre geniale Antwort gibt.

Dabei kann man zwischen zwei Arten von Schlagfertigkeit unterscheiden: Zum einen der stets lockere und witzige Spruch, der auch mal zu flapsig ausfallen kann. Und zum zweiten, Antworten auf Fragen, auf die man eigentlich gar keine Antwort weiß. Doch egal, wann einem die passende Erwiderung fehlt, unangenehm oder ärgerlich ist es in beiden Fällen. „Natürlich hat das auch etwas mit dem Ego zu tun, weil man ganz einfach einen verbalen Angriff parieren will“, sagt Deißler. Da gilt es also, Strategien zu entwickeln und sich eigene Standards bereitzulegen.

„Wichtig ist in diesen Situationen oft, erst mal Zeit zu gewinnen“, sagt der Business-Coach Theo Bergauer aus dem oberpfälzischen Waldsassen. Da hilft manchmal nur ein langsames, zustimmendes Nicken, ein fester Blick in die Augen des Gegenübers, breit und gütig zu nicken oder auch Sätze wie „Oh, das ist interessant“ oder „Ist das so?“. Auch kann es hilfreich sein, die Frage einfach zu wiederholen, noch mal nachzufragen oder sie direkt zurückzugeben. Dann lässt man die Frage noch mal neu definieren, dreht den Spieß um und gewinnt dadurch Zeit. „Natürlich funktioniert das nicht immer, aber sehr häufig und allein diese Gewissheit gibt einem Sicherheit“, sagt Pöhm.

Der Deutsch-Schweizer hält auch die unerwartete Zustimmung für eine meist funktionierende Reaktion. „Wenn man ständig etwa auf die Zahnspange angesprochen wird, kann man einfach sagen 'Wow, gut beobachtet' oder 'Oh, Du bist der Erste, der das bemerkt'“. Dafür müsse man die Verkrampfung im Kopf allerdings lösen und vor allem zu sich selbst stehen, sagt Pöhm.

Hilfreich kann auch sein, den blöden oder auch nur unerwarteten Spruch wörtlich zu nehmen. „Wenn schnippisch: 'Oh, schon wieder ein neues Kleid' von einer Freundin oder Kollegin kommt, kann man einfach die Spitze ignorieren und sagen 'Ja, schön, oder?'“, rät Deißler. Auf eine Frage wie: „Jetzt bist Du wohl übergeschnappt“, kann die Antwort „Würde es helfen?“ witzig sein. Auf „Du glaubst wohl.“ kann „Ich glaube nicht, das weiß ich sogar“ die richtige Antwort sein, auf „Musst Du denn immer.“ „Nö, das mach ich freiwillig“. Für solche Reaktionen muss man sein Assoziationsvermögen schulen, die bildhafte Vorstellungskraft stärken.

Doch egal, wie gut man vorbereitet ist und wie viele Standards man sich zu recht gelegt hat, die Situation wird kommen, in der man mal wieder sprachlos ist. „Dann rate ich eher davon ab, sie nachzuliefern, sondern sich die vermeintlich richtige Antwort fürs nächste Mal aufzuschreiben“, sagt Pöhm. Sein Kollege Bergauer schränkt das etwas ein: „Im Berufsleben kann man durchaus sagen, dass man noch mal darüber nachdenken will und die Antwort nachliefert. Das vermittelt nur zusätzlich Gewissenhaftigkeit und lässt einen authentischer, lebhafter wirken.“

Und bei aller Schlagfertigkeit kann es manchmal auch sinnvoll sein, die Bemerkung des Gegenübers erst abzuwägen. Denn in einer Aussage, die einen ärgert, steckt meistens ein Funken Wahrheit. „Daher bietet solch ein vermeintlicher Angriff meist die Chance, sich selbst zu verbessern, ohne sich gleich zu rechtfertigen oder zu verteidigen“, gibt Deißler zu bedenken. Witzig und souverän sei man damit sowieso nicht.