Ein Leben ohne Rückenschmerzen

Zehn Jahre litt Irmgard Czaplinski täglich, eine Operation half ihr. Doch oft kann man das Leiden mit einfacheren Methoden bekämpfen.

Düsseldorf. Irmgard Czaplinsky wird ihren Urlaub auf der kanarischen Insel Gomera Anfang des Jahres so schnell nicht mehr vergessen. Und zwar nicht, weil er so traumhaft schön war, sondern weil die 59-jährige Krankenschwester unter schrecklichen Schmerzen im Rückenbereich litt. "Teilweise war es so schlimm, dass ich nicht mehr laufen konnte", erinnert sich Czaplinsky. Zudem hatte sie zeitweise Lähmungserscheinungen und ein Taubheitsgefühl in den Füßen. Ihr war damals klar, dass es sich wohl um einen Bandscheibenvorfall handelte.

Diese Schmerzen waren aber nur der Höhepunkt eines langen Leidensweges. Seit etwa zehn Jahren hatte sie Rückenbeschwerden. Trotzdem ging sie erst zum Arzt, als es wirklich unerträglich wurde. "Ich dachte, dass der mir sowieso nur Schmerzmittel verschreiben würde", so Czaplinsky.

Sie versuchte mit den Schmerzen zu leben. Die Folge: Nach dem Urlaub stellte der Orthopäde fest, dass sie eine Verengung des Wirbelkanals und gleich zwei Bandscheibenvorfälle hatte. Er riet zur Operation, die 59-Jährige ließ sich die Diagnose dann noch von zwei Neurochirurgen bestätigen. Am 4. September wurde sie dann endlich operiert.

Irmgard Czaplinsky ist mittlerweile eher ein Einzelfall. Denn bei vielen Patienten gibt es andere Methoden, die eine Operation unnötig machen. "Denn Rückenschmerzen sind nicht gleichbedeutend mit einem Bandscheibenvorfall", sagt Professor Joachim Grifka, Leiter der Orthopädischen Klinik in Bad Abbach und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie.

Zwar würde es immer öfter darauf hinauslaufen, aber gerade deshalb würden andere Symptome als Auslöser des Leidens fälschlicherweise gar nicht mehr in Betracht gezogen. "Der Patient wird direkt zur Kernspintomographie geschickt", erläutert Grifka.

Aber auch bei einem Bandscheibenvorfall muss eigentlich nur selten zum Skalpell gegriffen werden. Und trotzdem werden jährlich mehr als 57000 Patienten operiert. "Dabei hilft in den einfacheren Fällen Krankengymnastik", so der Mediziner. "Bei uns in der Klinik werden nur 20 Prozent der Fälle, die laut Diagnose des einweisenden Arztes operiert werden müssten, tatsächlich so behandelt", so Grifka. Den anderen 80 Prozent wird mit einer neuen Injektions-Technik geholfen.

Auch Dr. Uwe Junker vom Sana-Klinikum in Remscheid bietet andere Lösungsansätze. Seiner Meinung nach werde oft die Ursache der Rückenschmerzen zu wenig beachtet: "Rückenschmerzen sind nicht nur Schmerzen im Rücken, sondern ein psychosoziales Krankheitsbild. Depression, Unzufriedenheit am Arbeitsplatz, Konflikte in der Partnerschaft leben Patienten häufig in Rückenschmerzen aus". Deshalb wird in seiner Klinik erst nach einem ausführlichen Gespräch die weitere Therapie festgelegt.

Czaplinsky würde heute auch einiges anders machen: "Ich würde viel früher zum Arzt gehen." Dafür lebt sie aber heute "rückengerecht". Sie bückt sich vorsichtiger, macht viel bandscheibengerechte Gymnastik und ist deshalb auch wieder fit - nur eines macht sie nicht mehr: Sie hebt keine schweren Sachen.