Ernährung: Rohes Fleisch für den Hund
Immer mehr Tierhalter wollen, dass ihr Vierbeiner artgerecht frisst. Das ist nicht ganz unumstritten.
Berlin. Was macht den Hund zum ganzen Kerl? Etliche Besitzer halten nicht viel von den Versprechungen der Futterhersteller - und von ihren Produkten schon gar nicht. "Barf" heißt das Stichwort, unter dem sie die Ernährung ihrer Vierbeiner selbst in die Hand nehmen. Experten zollen dem Konzept, hinter dem nicht zuletzt der Wunsch nach möglichst artgerechter Nahrung steht, Anerkennung. Aber sie betonen: Wer "barfen" will, muss sich Mühe geben. Sonst hat der Hund das Nachsehen.
Für das Kürzel "Barf" gibt es mehrere Entschlüsselungsvarianten. Eine ist "Biologische Artgerechte Rohe Fütterung". Wahrscheinlicher, weil international verwendbar, ist aber "Bones And Raw Food": Knochen und rohes Fleisch. Das sind die zentralen, aber nicht die einzigen Bestandteile. So sind etwa auf der Webseite www.barf-fuer-hunde.de etwa auch Gemüse, Obst, Getreide und Milchprodukte aufgeführt. Barfer stellen das Futter selbst aus frischen Zutaten zusammen.
"Dahinter steht der Wunsch, Hunde möglichst natürlich zu ernähren", so Astrid Behr vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT). Vorbild ist der Urahn des Hundes: der Wolf. Er frisst keine gekochte Nahrung, sondern Beutetiere. Und das bedeutet: rohes Fleisch und Knochen, Innereien und pflanzlichen Mageninhalt.
Hinzu kommt ein gewisses Misstrauen der Barf-Anhänger gegenüber herkömmlicher Nahrung: "Das Ergebnis der Fütterung von industriell hergestellten Fertigfutterprodukten an Hunde wird immer deutlicher durch den enormen Zuwachs an sogenannten Zivilisationskrankheiten", heißt es dazu unter www.barfers.de, einer weiteren von etlichen Webseiten zum Thema. Sie liefern Informationen über die spezielle Ernährung, die auf Ian Billinghurst, einen Tierarzt aus Australien, zurückgeht. "Es kursieren Hunderte verschiedener Rezepte im Internet", sagt Prof. Jürgen Zentek vom Institut für Tierernährung an der FU Berlin. Er bestätigt auch, dass es gelegentlich vorkomme, dass ein Hund Zusatzstoffe in Fertigfutter nicht verträgt. Trotzdem muss man dem Tierernährungs-Experten zufolge festhalten: Mit einem hochwertigen Fertigfutter ist ein Hund gut ernährt, und es liefert ihm die nötigen Nährstoffe.
Hier liegt aus Kritiker-Sicht der Knackpunkt: Es sei beim Barfen nicht einfach, sicherzustellen, dass der Vierbeiner die Menge an Nährstoffen beziehungsweise die nötigen Nährstoffe in der richtigen Zusammensetzung abbekommt, sagt Katrin Umlauf, Biologin vom Deutschen Tierschutzbund. Nach Behrs Worten ist auch die Fütterung von Knochen kritisch zu sehen: Frisst der Hund zu viele davon, ziehe das schnell Verstopfung nach sich. Darüber hinaus könnten Splitter seinen Darm verletzten. Dem halten Barfer entgegen, von ungekochten Knochen gehe kaum Gefahr aus, weil sie weniger leicht splittern.
In jedem Fall müssen Barfer penibel auf Hygiene achten. Sonst werden beim Umgang mit dem Rohfleisch womöglich Krankheitserreger übertragen - Salmonellen zum Beispiel. Sie können gar nicht so sehr dem Tier und dafür umso mehr dem Halter gefährlich werden. Was heißt das letztlich für Halter, die sich fragen, ob Barf etwas für ihre Hunde sein könnte? "Wenn man es richtig macht, ist das eine Alternative", sagt Prof. Zentek - es richtig zu machen, sei aber mit viel Aufwand verbunden.