Do it yourself für Senioren: Alltagshilfen zum Selbermachen
Potsdam (dpa) - Ob Spezialbesteck, Aufstehhilfe oder Spielkartenhalter - im Handel gibt es die verschiedensten Alltagshelfer für Senioren. Die Potsdamer Designerin Anneke Goertz zeigt in dem Buch „Ich helf Dir“, wie ältere Menschen und ihre Angehörigen Dinge ohne große Kosten selber basteln können.
Es ist aus ihrer Masterarbeit an der Fachhochschule Potsdam hervorgegangen, die sie für Alzheimerpatienten und deren Angehörige geschrieben hat. „Eigentlich wollte ich als Designerin ein Produkt entwickeln, das „die Welt verändert““, sagt die 31-Jährige.
Doch bei ihren Recherchen in Pflegeheimen und Gesprächen mit Angehörigen habe sie schnell gemerkt, dass es viele nützliche Dinge bereits gibt, die allerdings oft recht teuer sind und nicht für jeden erschwinglich sind. So sei sie auf die Idee gekommen, einzelne Produkte nachzubauen. „Ich bin durch Bau- und Drogeriemärkte gegangen und habe mich inspirieren lassen“, so Goertz.
Herausgekommen sind Bastelanleitungen zu 22 Themen wie etwa Körperpflege, Anziehen, Medikamenteneinnahme, Kochen, Putzen, Freizeit oder Sicherheit. Eines ihrer Lieblingsbeispiele ist das Essbesteck, das nicht so leicht aus der Hand rutscht. Dies lasse sich mit Schaumstoffpapilloten herstellen. Dazu müsse man nur den Draht aus den Lockenwicklern ziehen und sie über die Griffe von Messer, Gabel oder Löffel ziehen. „Die Papilloten sind sogar geschirrspülmaschinenfest“, sagt Goertz.
Leicht zu basteln ist auch die Putzhilfe. Goertz empfiehlt, aus einem Kunststoff-Tischset einen Henkel auszuschneiden und diesen an einem Schwammtuch zu befestigen. „Jetzt kann man den Fuß hineinstecken und einen Fleck auf dem Boden aufwischen, ohne sich zu bücken“, so die Designerin. Zwei Scheiben aus Pappe und eine Klammer von einer Versandtasche genügen, um einen Spielkartenhalter zu basteln. Und für eine Aufstehhilfe braucht es nur einen Wandhaken, zwei Pömpel und etwas Werkzeug.
Die Potsdamerin Angela Rienäcker und ihr Mann, der an Demenz leidet, haben das Papilloten-Besteck bereits ausprobiert. „Mein Mann konnte damit gut umgehen“, erzählt Rienäcker. Zuvor hatte sie bereits teures Besteck aus dem Sanitätshaus besorgt, das sich zu Hause als unbrauchbar erwies. „Man ist auf die Sachen angewiesen, die geboten werden, und kann sie erst zu Hause ausprobieren“, sagt Rienäcker. Sie habe sich leider schon häufig „verkauft“. Goertz hatte das Ehepaar im Zuge ihrer Recherche für die Masterarbeit kennengelernt.
Weil sie nach dem Abschluss nicht wollte, dass die Arbeit verstaubt, sei sie auf Verlage zugegangen - mit Erfolg. Um mehr Menschen zu erreichen, habe sie ihr Thema schließlich auf das Altern im Allgemeinen ausgedehnt, erzählt Goertz. Aus Sicht ihrer Professorin Alexandra Martini ist das ein logischer Schritt. „Es müssen ja gar nicht alle krank sein, die sich nicht mehr gut bücken können. Das kann auch einem gesunden älteren Menschen passieren“, sagt Martini.
Auch die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen Ursula Lenz, glaubt, dass die Buch-Idee ankommen wird: „Ältere Menschen haben oft große Hemmungen, nach Hilfsmitteln zu suchen. Viele haben Schwierigkeiten, dazu zu stehen, dass sie Hilfe brauchen“, sagt Lenz. Goertz' Ideen böten ihnen die Möglichkeit, zu Hause im geschützten Raum Dinge selbst zu basteln und auszuprobieren. Es biete sich zudem an, Familie oder Freunde mit einzubeziehen. „Auch Seniorenklubs oder Begegnungsstätten könnten Bastelnachmittage veranstalten“, sagt Lenz.
Der Vorsitzenden des Brandenburgischen Seniorenverbands, Hertha thor Straten, gefällt vor allem, „dass sich ein so junger Mensch Gedanken um ältere Menschen und ihre Probleme gemacht hat“. Das spreche gegen den so oft beschworenen Konflikt der Generationen.