Golfkurs oder Punkerfrisur - Das Leben auf Gräbern nachgestalten
Bonn (dpa/tmn) - Gräber sind den Menschen wichtig: Man pflegt die Ruhestätte der Verwandten und besucht sie immer wieder. Sie können daher sehr individuell gestaltet werden - und viel verraten über denjenigen, der dort begraben wurde.
Gräber können wie Fotoalben sein. Sie können so gestaltet werden, dass sie zeigen, was der Verstorbene im Leben gerne gemacht hat. Diesen Vorschlag macht der Bund deutscher Friedhofsgärtner in Bonn. Die Kreativen des Verbandes haben einige Beispiel-Gräber so gestaltet: Sie haben für eine Skifahrerin, auf deren Grabstein Ski abgebildet sind, mit weißen Blumen eine Piste über die bepflanzte Fläche gezogen.
Für einen leidenschaftlichen Bowler haben sie eine Bahn mit neun Tulpen, die die Kegel symbolisieren, angelegt. Rund geschnittene Buchsbäume stellen die Kugeln dar. Es gibt auch einen Golfkurs. Aber es geht noch persönlicher: Eine Punkerin mit einem roten Haarstreifen auf dem Kopf bekommt auf ihrem Grab eine bepflanzte Halbkugel - die Mitte ziert ein Streifen mit roten Blüten.
So etwas kann natürlich nicht jeder Hobbygärtner. Aber es gibt einfach zu gestaltende Alternativen: Indem man einfach die Lieblingspflanze des Verstorbenen setzt, sagt Roland Wagner von Bund deutscher Friedhofsgärtner. Oder jene, die der Angehörige schätzt - dann erfreut er sich an der Ruhestätte und kommt gerne hin.
„Der Friedhof ist und bleibt vielen als Ort der Trauer wichtig,“ erläutert Wagner, der eine Friedhofsgärtnerei in Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen betreibt. Die Angehörigen wollen hier auch Botschaften hinterlassen: Sie legen Steine oder Dekorationsartikel auf das Grab mit Sprüchen wie „Du fehlst mir“. „Diese sieht man immer öfter, und es gibt sie inzwischen quasi überall zu kaufen“, berichtet Wagner. Eine Alternative dazu sind Pflanzen, die eine Symbolik haben: Efeu steht für das ewige Leben, die Rose für die Liebe.
Dass die Grabstätte zum immer individuelleren Bestattungs- und Trauerort wird, lassen die Behörden inzwischen auch zu. Vielerorts seien strenge Regelungen, was und was nicht erlaubt sei, gekippt worden, berichtet Wagner. Er weiß von einem Fall, wo eine Friedhofsverwaltung einem Ehemann erlaubte, eine Bank auf das Grab zu stellen - so kann er neben seiner Frau Zeit verbringen. „Vor einiger Zeit noch haben Verwaltungsbeamte das viel enger gesehen und hätten so etwas abgelehnt“, sagt der Friedhofsgärtner.
Diese sehr persönliche Gestaltung der Ruhestätte geht einher mit einem weiteren Trend bei der Grabgestaltung. Um etwa das Haar einer Punkerin nachzupflanzen, werden Hügel angelegt und die Pflanzen so erhöht gesetzt. Profis nennen das eine Bepflanzung der dritten Ebene, und sie nutzten sie laut Wagner, um Farben und Formen hervorzuheben. Gerne werden auch Elemente des Grabsteins dadurch in der Bepflanzung noch mal aufgegriffen - etwa Kugel und Kreise mit oder aus Pflanzen geformt.
So eine Gestaltung macht natürlich viel Arbeit. Aber das wollen viele auch, sagt Wagner. „Wenn sie sich schon ein Grab leisten und dafür auch viel bezahlen, sagen sie sich, sie wollen nicht nur eine wilde Wiese darauf wachsen lassen, sondern etwas dafür tun.“
Aber es gibt auch den Gegentrend: Wer keine Zeit für die Grabpflege hat, will die Stätte mit so wenig Aufwand wie nur möglich gestalten und pflegen. Gut seien dann Bodendecker über der gesamten Fläche, sagt Wagner. Der Vorteil: Das Grab muss nicht alle paar Monate neu bepflanzt werden. „Die Pflanzen unterdrücken auch Unkraut, und so muss man nicht mehr jäten.“