Über lebensbedrohliche Krankheit mit den Kindern sprechen
Düsseldorf (dpa/tmn) - Krankheiten wie Krebs machen Angst, nicht nur den Erkrankten selbst. Mit den eigenen Kindern darüber zu sprechen, ist oft eine große Hürde. Wenn absehbar ist, dass die Krankheit tödlich sein könnte, ist es aber besser, das nicht zu verschweigen.
Wenn ein Elternteil lebensbedrohlich erkrankt ist und bald sterben könnte, sollten die Kinder darüber Bescheid wissen. „Mit ihnen darüber zu sprechen, ist etwas, wovor alle unheimliche Angst haben. Auch die Kinder finden das schrecklich“, sagt Ulla Steger, Psychologin und Psychotherapeutin aus Düsseldorf. „Aber ich glaube, dass sie sowieso spüren, dass da etwas ist. Und wenn es dann Fragen in diese Richtung gibt, sollte man ehrlich sein.“ Sonst werde ihnen die Chance genommen, diese Nachricht zu verarbeiten und bewusst Abschied zu nehmen.
Die Eltern sollten allerdings zunächst selbst darüber sprechen. „Am Anfang sind sie oft am Boden zerstört“, sagt Steger. „Aus so einem Schock heraus ist es nicht sinnvoll, die Kinder damit zu konfrontieren. Dann sollte man erst etwas Zeit verstreichen lassen.“ Grundsätzlich seien solche Gespräche mit kleinen Kindern ebenfalls möglich und sinnvoll: „Das geht auch mit einem Vierjährigen schon“, betont Steger.
Wann der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch über den drohenden Tod eines Elternteils ist, sei allerdings schwer einzuschätzen: „Wenn jemand weiß, dass er nur noch wenige Tage oder Wochen leben wird, dann sollten Kinder das erfahren“, sagt Steger. „Ich hatte einen Fall, da hatte die Mutter in dieser Situation das Gefühl "Jetzt geht nichts mehr". Die Kinder wurden immer ängstlicher und wollten sie gar nicht mehr alleine lassen. Das ist dann der Zeitpunkt, mit ihnen zu sprechen.“
Ist abzusehen, dass ein schwer erkranktes Elternteil sterben wird, aber möglicherweise erst in einigen Monaten, lässt sich die Frage deutlich schwieriger beantworten: „Kleinen Kindern muss man das dann noch nicht direkt mitteilen, weil sie längere Zeiträume noch gar nicht überblicken können.“ Ebenfalls schwierig ist die Frage, wer das Gespräch mit den Kindern führen soll: „Die meisten Paare machen das gemeinsam. Dann wissen auch beide, was genau besprochen wurde“, sagt Ulla Steger.
„Es kann aber auch sein, dass der schwerkranke Partner sagt, er schaffe das nicht, und den anderen bittet, das zu übernehmen. Das machen viele Paare dann so, und das finde ich auch gut.“ In vielen Familien gebe es allerdings eine große Scheu, das Thema Tod und Sterben anzusprechen. „Das hat auch mit einem gewissen magischen Denken zu tun“, sagt Steger. „Das ist die Vorstellung: Wenn ich darüber rede, wird es Wirklichkeit. Rede ich nicht darüber, passiert es auch nicht.“ Das sei bei Teenagern häufig anzutreffen, aber durchaus auch bei Erwachsenen.
Andererseits sei die Angst oft groß, bei so einem Gespräch weinen zu müssen und nicht wieder aufhören zu können. „Aber nach meiner Erfahrung ist Weinen in solchen Situationen gut“, sagt die Psychotherapeutin. Immer wieder komme es vor, dass Eltern es sich aus den genannten Gründen nicht zutrauen, das Thema gegenüber den Kindern anzusprechen. „Dann bespreche ich mit ihnen ihre Ängste und biete eventuell auch an, das Gespräch zusammen mit ihnen zu machen. Aber bisher fühlten sich alle Eltern nach einiger Zeit doch allein dazu in der Lage.“