Der Mythos Honig

Zwischen Götternahrung und Gentechnik: Honig hat mit Image-Problemen zu kämpfen. Der Einsatz in der Medizin erlebt dagegen eine Renaissance.

Düsseldorf. Schon im Alten Testament schürte die Sage vom Land, wo Milch und Honig fließen, die Sehnsucht nach paradiesischen Verheißungen ewigen Überflusses und Wohlbefindens. Und auch heute noch haftet dem Honig der Ruf des flüssigen Goldes an, das nicht nur lecker schmeckt, sondern auch noch gesund und der Schönheit förderlich sein soll. Doch was ist dran am Mythos Honig, der einst als Götternahrung verehrt wurde und heute auf keinem Frühstücksbrötchen fehlen darf?

Als Tränen ihres Sonnengottes Ra sollen die alten Ägypter den Honig verehrt haben. Und so überrascht es nicht, dass Archäologen in den Grabkammern der Pharaonen die süße Beigabe fürs Jenseits entdeckten. Den Göttern der griechischen Antike sollte Honig gar Unsterblichkeit verleihen, während die Römer, eher dem Irdischen zugeneigt, auf die angeblich potenzsteigernde Wirkung des göttlichen Nektars setzten. Selbst die entlegensten Zeugnisse der Geschichte werden eifrig bemüht, wenn es darum geht, die klebrige Flüssigkeit zu vermarkten.

Doch das Image des Honigs als gesunder Brotaufstrich hat erheblich gelitten. Und das, obwohl laut Honigverordnung im Naturprodukt Honig eigentlich nichts anderes sein darf als Honig. Die Realität sieht anders aus. Von 34 im Jahr 2004 im Auftrag der Stiftung Warentest untersuchten Honigen, bei denen es sich in der Mehrzahl um Importprodukte handelte, erhielten 18 die Note "mangelhaft". Den Genuss trübten unter anderem Rückstände der Antibiotika Nitrofuran, Streptomycin und Tetracyclin.

Auch aus ernährungsphysiologischer Sicht schneidet der süße Brotaufstrich, der zu etwa 80 Prozent aus unterschiedlichen Zuckerarten und zu rund 20 Prozent aus Wasser besteht, kaum besser ab als gewöhnlicher Haushaltszucker. Die nur in geringen Mengen vorhandenen Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente leisten einen eher unbedeutenden Beitrag zur Deckung des täglichen Bedarfs.

Den Honiggenuss dürfte künftig auch der Einzug der Gentechnik in die Landwirtschaft schmälern. Kommen gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wie Raps und Mais erst einmal großflächig zum Einsatz, werde sich Honig ohne gentechnische Verunreinigungen auf Dauer kaum noch produzieren lassen, befürchten die deutschen Imker. Schließlich unterscheiden die emsigen Bienenvölker nicht, ob sie sich auf den Blüten gentechnisch manipulierter oder herkömmlicher Pflanzen niederlassen.

Zwar darf in Deutschland bislang nur gentechnisch veränderter Mais landwirtschaftlich genutzt werden, während Raps lediglich auf Versuchsfeldern ausgesät wird. Dass die Existenzängste der Imker dennoch nicht unbegründet sind, zeigte sich bei Honig aus Kanada, wo bereits 40 Prozent des Rapses aus genmanipulierten Pflanzen stammt: Im kanadischen Honig ließen sich die Pollen der Gentech-Pflanzen bereits nachweisen.

Verunsicherung herrscht deshalb auch bei den Verbrauchern. Denn für gentechnisch verunreinigten Honig gilt nach EU-Recht keine Kennzeichnungspflicht.