Deutsche entdecken die Intimchirurgie
München (dpa) - Zu groß, zu klein, zu krumm - operativ verschönern lässt sich vieles. Nasen, Ohren, Augenlider, Lippen, Bäuche und Brüste werden den Wünschen ihrer Besitzer angepasst. Nun haben Männer und Frauen auch den Intimbereich als korrekturfähig entdeckt.
Der Grund liegt wahrscheinlich in dem Trend zur Intimrasur. Denn nun wird sichtbar, was vorher verdeckt war - und muss damit dem Vergleich standhalten: Immer mehr Frauen legen sich unters Messer, um ihren Intimbereich korrigieren zu lassen. Ganz vorne steht nach Angaben der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie (GÄCD) die Verkleinerung der Schamlippen, um die es bei rund zwei Drittel der Eingriffe geht. Doch auch der Venushügel wird korrigiert, die Scheide verengt, der Beckenboden gehoben und der G-Punkt aufgespritzt, wie der Gynäkologe Frank Schneider-Affeld am Mittwoch bei der Jahres-Pressekonferenz der Gesellschaft berichtete.
Nicht immer geht es nur um Optik. Oft gibt es auch medizinische Gründe für die Eingriffe, zu große Schamlippen können etwa beim Reiten oder Radeln stören. Es gehe aber auch um eine verbesserte Sexualität, sagt Schneider-Affeld. Die Zahl der Scheidenkorrekturen sei aber noch relativ niedrig. „Es muss in den Köpfen der Gynäkologen erst mal ankommen, dass man für Sexualität etwas tun kann.“
Schließlich werde auch operiert, wenn Blase oder Darm nicht mehr richtig funktionierten. Wenn aber nach der Geburt eines Kindes die Sexualität beeinträchtigt sei, lehnten manche Gynökologen eine Operation der Vagina sogar ab. „Ich frage mich, ob das nur ein Organ ist, um Kinder zu zeugen“, kritisierte Schneider-Affeld, und mit Blick auf Warnungen vor Eingriffen im Intimbereich fordert er: „Hören wir auf, erwachsene Frauen wie Kinder zu bevormunden.“
Schneider-Affeld hat aber auch junge Patientinnen, die mit ganz anderen Sorgen kommen. Ein bis zweimal im Monat bäten junge Frauen um eine Wiederherstellung des Hymens. 800 bis 1000 Euro blättern die jungen Frauen hin, um sich heimlich wieder zur Jungfrau machen zu lassen. „Ich habe das früher ablehnt“, sagte Schneider-Affeld. Er habe sich nicht zum Trittbrettfahrer machen wollen für diese Ideologie - denn es seien stets muslimische Frauen, die einen solchen Eingriff wollten. Irgendwann habe er seine Einstellung aber geändert, sagt Schneider-Affeld. „Ich habe so viele Tränen gesehen von jungen Frauen. Sie wussten nicht, was sie tun sollten. Wir haben Möglichkeiten, das so zu machen, dass es funktioniert.“
Auch Operationen bei sehr jungen Patientinnen lehnen die Chirurgen ab, wenn sie nicht gerade medizinisch notwendig sind. Brustvergrößerungen etwa bei Jugendlichen kämen nur in Frage, wenn eine Brust ganz fehle oder beide Seiten extrem unterschiedlich groß seien, sagte GÄCD-Generalsekretär Matthias Gensior. Die Frauen sollten mindestens 20 Jahre, besser aber 22 oder 23 Jahre alt sein. Fast alle, die einmal ihre Brust operieren ließen, kämen später noch einmal - obwohl die Implantate inzwischen ein Leben lang halten sollen. Denn die Hemmschwelle sinke mit dem ersten Eingriff, und auch operierte Brüste unterlägen der Alterung. „Irgendwann wird die Brust hängen - mit Implantat oder ohne Implantat.“
Auch Männer kommen mittlerweile zur Brust-OP - allerdings zur Verkleinerung. Denn durch Hormonstörungen im Alter und gelegentlich in der Pubertät, aber auch durch diverse Fitnesspräparate in Studios wachse bei ihnen die Brust. „Männer zwischen 20 und 30 haben dann Körbchengröße A.“ Bei älteren Semestern gehöre das Brustwachstum zum Altern.„Da hat man früher betreten weggeguckt“, sagte Gensior. Doch immer mehr ältere Männer kämen, um das beheben zu lassen. Ein 50-jähriger lebe heute wie ein 35-jähriger - da passe oft der Körper nicht mehr, sagt GÄCD-Präsident Gerhard Sattler. Penisverlängerungen lehnt die GÄCD ab - das sei eine rein optische Sache, und oft sei die Sexualität hinterher sogar schlechter.