Langeweile im Job macht krank

Unterforderung: Zu wenig Arbeit kann eine Belastung sein.

Zürich. Was für eine herrliche Vorstellung: Nur zwei, drei Stunden am Tag arbeiten und die restliche Zeit im Büro für private Dinge nutzen. Von wegen, sagt das Schweizer Autoren-Duo Philippe Rothlin und Peter Werder: Für die meisten Arbeitnehmer sei das auf Dauer ein Alptraum. Die beiden Unternehmensberater halten es sogar für gefährlich, wenn zu wenig Arbeit anliegt- aus wirtschaftlicher Sicht und für die Gesundheit des Mitarbeiters. Sie warnen daher vor einem neuen Phänomen: dem "Boreout".

Boreout statt Burnout - gemeint sind damit Verhaltensmuster, hervorgerufen durch Unterforderung, Desinteresse und Langeweile im Job. Wer sich unterbeschäftigt fühlt, versuche meist zuerst, dies durch eine Beschwerde beim Vorgesetzen zu ändern. Nimmt der Arbeitsumfang trotzdem nicht zu, komme allmählich der Gedanke, dass es so schlecht nicht ist, wenig zu tun zu haben. Gefährlich sei dann aber die Feststellung: "Ich bin abends müde und ausgepumpt, weil ich zu wenig gemacht habe", sagt Rothlin.

In der Folge verhalte sich der Boreout-Betroffene paradox: Da sich kein Arbeitnehmer erlauben kann, am Schreibtisch Löcher in die Luft zu starren, entwickele er Strategien, um beschäftigt zu wirken, ohne es tatsächlich zu sein. Dieses Versteckspiel sei "anstrengend und belastend" und damit schlecht für die Gesundheit, warnt Rothlin.

Anders als das Stressphänomen Burnout ist der Boreout nach Ansicht der Autoren bislang nicht hinreichend untersucht. Sie halten ihn aber für ähnlich bedrohlich.

Nach Ansicht der auf Belastungsphänomene spezialisierten Psychologin Gabriele Richter von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ist die Unterforderung eine unterschätze Größe im Berufsalltag. Sie verweist auf die "psychische Sättigung". Psychisch gesättigt ist, wer bei der Arbeit gegen Überdruss und Widerwille kämpft.

Auswahl Experten raten, schon bei der Jobsuche nicht nur auf das Gehalt zu achten, sondern auch nach Sinn und Umfang der Arbeit zu fragen: Alle drei Elemente müssen gleich stark gewichtet werden. Nur so lässt sich ein "Boreout" ausschließen - wer dennoch davon bedroht ist, sollte sich Gedanken über eine neue Stelle machen.