Zecken: Mini-Vampire suchen ihre Opfer

Vorsicht bei Spaziergängen im Wald, schon jetzt droht Gefahr durch Zeckenbisse.

Düsseldorf. Wer mit seinem Hund in der Natur unterwegs ist, muss seinen Vierbeiner jetzt schon auf Zecken kontrollieren und sich selbst ebenfalls schützen. Normalerweise werden die kleinen Blutsauger zu dieser Jahreszeit nach der Winterpause gerade erst wieder aktiv. Doch in diesem Jahr beißen sie vermehrt und früher, da der Winter ungewöhnlich mild und warm war.

Sogar in den vergangenen Wintermonaten sind aktive Zecken in Deutschland nachgewiesen worden. "Die Zecken haben in diesem Jahr quasi durchgemacht", sagte Experte Jochen Süss vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Jena. Die kalte Jahreszeit gilt eigentlich als klassische Ruhephase der Tiere.

"Durch das milde Wetter mit Temperaturen von sechs bis sieben Grad finden sowohl Zecken als auch ihre Hauptwirte - vor allem Mäuse - ideale Überlebens- und Nahrungsverhältnisse vor", erläuterte der Forscher, der das Nationale Referenzlabor für durch Zecken übertragene Krankheiten am FLI leitet.

Jochen Süss

Sorgen bereitet den Wissenschaftlern deshalb auch noch etwas anderes: Mehr aktive Zecken bedeuten auch ein höheres Risiko von der durch sie übertragenen Hirnhautentzündung. In den vergangenen beiden Jahren hat sich die Zahl der übertragenen Hirnhautentzündungen insgesamt verdoppelt. 2006 registrierte das Berliner Robert Koch-Institut bundesweit 547 Fälle der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), 2004 waren es 275 Fälle. Aber auch der Klimawandel trägt dazu bei, dass sich Zecken und von ihnen übertragene Krankheiten immer weiter ausbreiten, so die Ergebnisse einer Fachtagung in Erfurt. "Das macht uns zunehmend Sorgen", sagte Jochen Süss.

Die im Volksmund Holzbock genannten Spinnentiere übertragen vor allem die bakterielle Borreliose und die Virusinfektion FSME, die allerdings nur in bestimmten Risikogebieten vorkommt. Schon im Jahr 2005 war die Zahl der FSME-Erkrankungen in Deutschland mit 432 gegenüber 2004 drastisch gestiegen. "2006 wuchs sie abermals sprunghaft auf 547. Damit hatten wir nicht gerechnet", gab der Experte zu. "Und im Jahr 2007 scheint das ungebrochen so weiterzugehen. Bereits im Januar hatten wir sechs Fälle." Wie hoch die Zahl in diesem Jahr wird, sei aber noch unklar.

Ein Grund für den neuerlichen Anstieg könnte der lange warme Sommer 2006 gewesen sein. Er habe nicht nur den Tieren gute Bedingungen geboten, sondern auch viele Menschen ins Freie gelockt. Zur Entwicklung der Borreliose gibt es keine genauen Zahlen, weil die Krankheit nicht generell meldepflichtig ist. Mit geschätzten 60 000 bis 80 000 Fällen im Jahr ist sie deutlich häufiger als FSME, lässt sich aber mit Antibiotika zumindest im Frühstadium gut behandeln. Menschen mit Zeckenstichrisiko in den FSME-Gebieten wird eine Impfung gegen die Virusinfektion empfohlen.

Im vergangenen Jahr gab es erstmals FSME-Erkrankungen in Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Aber nur wenig Menschen sind gegen FSME geimpft, in Hochrisikogebieten nur etwa 25 Prozent.

Lyme-Borreliose: Die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung in Europa. Etwa fünf bis 35 Prozent der Zecken sind mit Borrelien befallen. In Deutschland erkranken etwa 0,3 bis 1,4 Prozent der Betroffenen nach einem Zeckenstich an einer Infektion mit diesen Bakterien. Experten schätzen die Zahl der nicht überall meldepflichtigen Neuerkrankungen hier zu Lande auf bis zu 60 000 im Jahr.

Symptome: Die Borreliose, die sich oft durch einen ringförmigen Hof um die Stichstelle bemerkbar macht, ist im Frühstadium mit Antibiotika gut behandelbar, eine Impfung gibt es nicht.

FSME-Viren: Sie kommen nur in bestimmten Risikogebieten vor allem im Süden Deutschlands vor. In diesen Regionen tragen laut RKI ein bis fünf Prozent der Zecken das FSME-Virus in sich. In den vergangenen Jahren gab es einen deutlichen Anstieg der Fälle auf zuletzt mehr als 500 im Jahr 2006.

Behandlung: Ein Medikament gegen die Virusinfektion gibt es nicht, eine Impfung wird allen Menschen in Risikogebieten empfohlen, die durch Beruf oder Freizeit ein Zeckenstichrisiko haben.

Zeitraum: Zecken beißen vor allem von März bis Oktober zu.

Lebensraum: Zecken leben in hohen Gräsern und Unterholz.