Der letzte Sommer der MS „Deutschland“?
Hamburg (dpa) - Dreh- und Angelpunkt vieler Sehnsüchte - nach Ferne, nach Abenteuer, Romantik: die MS „Deutschland“. Als „Traumschiff“ fuhr das 1998 getaufte Kreuzfahrtschiff für das ZDF gut 15 Jahre lang über die Meere.
Im vergangenen Winter dann das Aus: Die Reederei Peter Deilmann war insolvent.
Die „Deutschland“ lag dann wochenlang vor Gibraltar fest, bis sie im Frühjahr an einen Investor in den USA verkauft wurde. Die Fangemeinde trauerte - dann die Überraschung: Am 9. Juni stach die „Deutschland“ noch einmal von Kiel aus in See - zu einer Reihe von Nordlandfahrten.
Die zumindest zeitweise Rückkehr des legendären Kreuzfahrtschiffes hat Plantours veranlasst. Der Kreuzfahrt-Veranstalter aus Bremen hatte einen Ersatz für sein Flaggschiff „Hamburg“ gesucht, das derzeit zu Reparaturarbeiten in der Lloyd Werft in Bremerhaven ist.
Kapitän auf diesen vielleicht letzten Reisen der „Deutschland“ mit deutschen Gästen ist George Ciortan. Der Rumäne ist angetan von dem legendären Schiff und auch ein wenig stolz. „Ich weiß, dass die „Deutschland“ für die Deutschen ein besonderes Schiff ist“, sagt er. „Sie ist aber auch wirklich wundervoll.“
Der neue Eigentümer der „Deutschland“ ist der Konzern Absolute Nevada LLC. Von ihm charterte Plantours das Schiff für die Sommersaison. Im Winter soll es an die Universitätsorganisation Semester at Sea verchartert werden, die es als schwimmende Universität mit dem Namen „World Odyssey“ einsetzen will.
Im Grunde war das Schiff schon bei der Taufe etwas veraltet. Reeder Peter Deilmann wollte gerne ein Schiff im Stil der Grand Hotels der 20ern Jahre. Und während auf US-amerikanischen Schiffen Ende der 90er die ersten Kletterwände und Golfsimulatoren installiert wurden und in Deutschland die erste „Aida“ den Club aufs Meer holte, lockte die „Deutschland“ mit einem Lili-Marleen-Salon und der Bar „Zum alten Fritz“.
Erkannt, dass das Schiff nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist, hat auch der neue Eigentümer. Robert Frederick Lambert, Berater des Eigentümers Donald Hoffman, fährt derzeit einige Nordlandtouren mit. Lambert kündigte an, dass das Schiff nach der letzten Reise für Plantours in die Werft geht. Dort würden „Auffrischungsarbeiten“ innen und außen vorgenommen.
Die Farben der „World Odysee“ sollen Weiß und Blau sein. „Nach der ersten Saison planen wir den Einbau von 52 Balkonen auf Deck 8“, kündigte Lambert an. Auch er weiß, dass Hoffman ein besonderes Schiff gekauft hat, und findet selber: „Die Deutschland ist das schönste Schiff, auf dem ich jemals war.“
Und was hat sich schon alles geändert auf der „Deutschland“? Nicht viel. Ein wenig ungewohnt mutet der in Plantours-Gelb gestrichene Schornstein an. Das alte Logo der „Deutschland“ war ein rotes „D“ mit einem stilisierten Schiffsbug auf weißem Grund. Das findet sich auch immer noch auf den Bademänteln und in Gold auf dem Porzellan.
Viel konnte auch in der Kürze der Zeit nicht verändert werden. Einige Räume jedoch wurden für die Nordlandtouren einfach nicht wieder in Betrieb genommen, wie das Kanzlerzimmer und das Gourmet-Restaurant „Vier Jahreszeiten“.
An Bord sind neben den umgebuchten „Hamburg“-Passagieren natürlich auch Fans der „Deutschland“. „Dass die „Deutschland“ noch einmal fährt, ist für uns ein Traum“, sagt beispielsweise Petra Jacoby aus Mülheim-Kärlich. Sie ist seit dem 6. Juni mit ihrem Sohn Oliver an Bord. „Wir haben ganz spontan gleich zwei Reisen gebucht.“ Das waren Reise 11 und 12 innerhalb von zwei Jahren. Die Route war den beiden egal. „Wir wären bis ans Ende der Welt mitgefahren.“ Helga und Hans-Georg Masuhr aus Bonn fanden dagegen die „Hamburg“ „einfach praktischer“. Die „Deutschland“ sei sicher wunderschön, „aber wir mussten uns erst neu orientieren“.
„Die Resonanz auf die Fahrten mit der MS „Deutschland“ ist hervorragend“, sagte dazu Geschäftsführer Steuber. „Dennoch ist die MS „Hamburg“ das Plantours-Flaggschiff, und so soll es auch bleiben.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer auf ein Wiedersehen scheint es aber zu geben, es gibt Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer. „Natürlich wäre die MS „Deutschland“ eine schöne Ergänzung des Portfolios“, übt sich Steuber als Sphinx. Lambert wurde konkreter: „Wir fänden es schön, wenn sie im Sommer für Plantours fahren würde“, sagte er.
Da stellt sich nun die Frage, die auch alternde Rockstars mitunter aufwerfen: Was sind die Nordlandreisen der „Deutschland“ nun gewesen: Eine Farewell-Reise oder vielleicht doch eine Comebacktour, der weitere folgen könnten? Die Fans an Bord zumindest sind sich einig: Das Ex-„Traumschiff“ ist mit seinen 17 Jahren doch eigentlich noch eine junge Deern.