Ferienparadies im Wachkoma: Hurghada fehlen die Gäste

Hurghada (dpa/tmn) - Zwischen dem Sand am postkartentauglichen Meer und dem Hoteltrakt liegen Hunderte grüne Meter und ein riesiger Pool. Der Golfplatz ist akkurat gestutzt - wie die Übernachtungspreise.

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Etwas stimmt nicht im ägyptischen Badedomizil Hurghada: keine brüllenden Kinder, keine lautstarken Wasserspiele. Wenige Gäste verteilen sich über die weitläufige Anlage, die verwaist wirkt. Hurghada, das ist im Moment vor allem ein Ferienparadies im Wachkoma.

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Wie kam es dazu? Die goldenen Jahre für den ägyptischen Tourismus waren 2009 und 2010. Doch die Buchungszahlen brachen ein, als 2011 Millionen Menschen in aller Welt verfolgten, wie die Ägypter Machthaber Husni Mubarak stürzten. Seitdem kommt das Land nicht zur Ruhe. Das Bombenattentat auf einen russischen Ferienflieger im Herbst 2015 versetzte Ägypten einen neuen Schlag.

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„Die Zahlen sind schlecht, keine Frage“, sagt Jochen Köhler vom Reiseveranstalter ETI. Er schätzt die Belegung der sieben Hotels, die der Ägypten-Spezialist in Hurghada und in der direkten Umgebung anbietet, auf etwa 25 Prozent. Dabei ist von Gefahr nicht viel zu spüren, wenn man durch Hurghada läuft.

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Die Flaute im Ägypten-Tourismus ist für Köhler gleichzeitig das beste Verkaufsargument: Wo sonst hat der Urlauber im Moment einen Traumstrand mehr oder weniger für sich alleine? Auch die Riffe seien so unberührt wie seit Jahren nicht. „Man kann heute in Ägypten tauchen wie vor 20 Jahren“, sagt Köhler. Und Urlaub in Ägypten ist gerade so günstig wie in kaum einem anderen Land.

Das Luxushotel mit der üppigen Pool- und Golflandschaft kostet pro Nacht nur 55 Euro - zu zweit im Doppelzimmer mit Halbpension. All-inclusive-Pauschalreisen in ordentlichen Hotels gibt es schon ab 350 bis 400 Euro pro Woche mit Direktflug aus Deutschland. Einen besseren Deal gab es für Touristen am Roten Meer wohl nie.

Doch die Dumpingpreise, die Urlauber wieder zurück an die Strände bringen sollen, lassen der Tourismusindustrie kaum noch Luft zum Atmen. In Hurghada sind viele Menschen arbeitslos geworden. „Früher habe ich jeden Tag Rind oder Hühnchen gegessen. Heute nur noch einmal die Woche“, erzählt ein Taxifahrer, der seit Monaten kaum mehr Gäste hat. Weniger als die Hälfte verdiene er nun im Monat.

Sabrina Stötzel leitet eine deutsche Hotelfachschule nahe Hurghada und bildet junge Ägypter für die Arbeit in den gehobenen Herbergen der Region aus. Die Preise würden immer weiter nach unten gedrückt, erzählt sie - auch von den Reiseveranstaltern, für die Ägypten ansonsten nicht mehr konkurrenzfähig ist. „Irgendwas leidet da, und das ist am Ende die Belegschaft“, sagt Stötzel. Einige Hotels hätten bereits komplett schließen müssen. Die Russen bleiben aus. Das wirkt sich auf die gesamte Infrastruktur aus: Restaurant und Bars sind leer, Fahrer streiten sich um die wenigen Passagiere.

Ursula Restle hat nicht vor, ihr Luxus-Resort zu verlassen. Sie sitzt auf einer Holzliege mit beigem Bezug. Zum warmen Meer sind es nicht mehr als zehn Schritte. Hier habe sie alles, was sie braucht, sagt die 61-Jährige Lehrerin aus Süddeutschland. Angst? Terror? Restle schüttelt mit dem Kopf: „Wenn der IS es schafft, dass wir auf alles verzichten, dann haben sie es geschafft.“ Einen Wunsch hat Restle aber doch: Bitte veröffentlichen Sie den Artikel erst, wenn ich wieder zu Hause bin, sagt sie. „Meine Schwester weiß davon gar nichts, die hätte nämlich Angst.“

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