„Frankenschock“ bringt Schweiz leere Betten

Zürich (dpa) - Leid und Freud dicht beisammen: Das erleben die Winterferien-Nachbarn Schweiz und Österreich. Weil der Franken so teuer wie nie ist, buchen Urlauber lieber in den günstigeren „Euro-Alpen“.

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Das Jubiläum will Zermatt groß feiern. 150 Jahre Erstbesteigung des weltberühmten Matterhorns im kommenden Juni. Dafür plant der Schweizer Ferienort schon seit langem. Doch Mitte Januar kam der „Frankenschock“ - und mit ihm die Angst vor noch mehr kalten, weil leerstehenden Hotelbetten. „Nicht einmal das Matterhorn zieht mehr“, titelte die Zeitung „Schweiz am Sonntag“.

Ausgerechnet um die Eidgenossenschaft, die als Wiege des alpinen Wintersport-Tourismus gilt, machen viele europäische Ferienreisende einen Bogen. „Schön sind die Schweizer Alpen ja immer noch“, sagt die Berlinerin Hella Helbig. „Die Leute sind freundlich und der Service ist prima, aber das Land ist uns derzeit schlicht zu teuer.“

Die Suche nach Alternativen zur „Hochpreisinsel“ Schweiz hält schon einige Zeit an. Enormen Auftrieb bekam sie am 15. Januar, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Koppelung des Franken an den Euro durch einen Mindestkurs von 1:1,20 überraschend aufhob. Eine Tasse Kaffee kostet nun umgerechnet zwischen vier und sechs Euro, ein großes Bier zwischen sechs und neun. Entsprechend teurer wurden Übernachtungen, Fahrkarten und Skipässe.

Dabei ist die Gewinnmarge im Schweizer Hotel- und Gastronomiesektor durchaus nicht üppig. „Die Kosten sind vergleichsweise hoch“, sagt Jörg Peter Krebs, Deutschland-Direktor von Schweiz-Tourismus. „Allein schon die Gehälter in unserer Gastronomie liegen 40 Prozent über jenen in den Euroland-Alpen.“

Wohl auch deshalb planten bereits vor dem SNB-Entscheid nach Recherchen der „Schweiz am Sonntag“ sogar im weltbekannten Zermatt 22 Prozent der Hoteliers, ihr Unternehmen in den nächsten drei Jahren zu verkaufen. Weitere 22 Prozent würden laut einer internen Umfrage die Umwandlung in Wohnungen oder Ferienwohnungen vorbereiten. „In anderen Ferienorten ist die Lage noch schlimmer.“

Nach dem „Schwarzen Donnerstag“ des Eidgenossen-Tourismus beschloss so mancher, den angedachten Schweiz-Trip zu verschieben: „Die Telefone haben aufgehört zu läuten und vor allem sind die Online-Reservationen ausgeblieben“, sagte Jürg Schmid, der Direktor von Schweiz Tourismus der Genfer Zeitung „Le Matin Dimanche“. Seitdem habe sich die Lage etwas beruhigt, sagt Jörg Peter Krebs. „Große Annulierungswellen sind ausgeblieben. Und wir hoffen mit Blick auf künftige Buchungen deutscher Gäste, dass sich der Kurs bessert.“

In den Nachbarländern profitieren Handel, Hotel- und Gastgewerbe. „Die Freude bei unseren Hoteliers ist groß“, sagt die Tourismusexpertin der Wirtschaftskammer Österreich, Petra Nocker-Schwarzenbacher. Die Schweizer hätten längst die Italiener von Platz drei der wichtigsten ausländischen Gäste verdrängt und rangierten nun hinter Deutschen und Niederländern. 2010 und 2011, als der Franken schon einmal deutlich an Wert gegenüber dem Euro gewonnen hatte, verzeichneten die Wintersportorte in Österreich ein Plus von jeweils rund 14 Prozent bei den Schweizer Gästen. In der vergangenen Wintersaison gingen laut Werbung Austria 2,1 Millionen Nächte auf das Konto der Schweizer.

Der vergleichsweise wohlhabende Schweizer ist ein gern gesehener Gast und gilt in Österreich als spendabler Genießer. „Die gute Flasche Wein ist für ihn eher normal und nicht die Ausnahme“, sagt Nocker-Schwarzenbacher, die selber ein Hotel betreibt. Auch für Zusatzangebote wie Massagen gebe der Eidgenosse gern Geld aus. Statistisch liegen die Tagesausgaben (inklusive Anreise) eines Schweizers im Winterurlaub in Österreich bei 175 Euro, im Vergleich zu 152 Euro im Durchschnitt der Gäste.

Ähnlich freuen sich Alpen-Touristiker in Frankreich, Italien, Deutschland und auch Slowenien über die „Fluchturlauber“ aus der Hochpreis-Schweiz. Harald Henning von der Deutschen Zentrale für Tourismus in Zürich spricht im Schweizer Fernsehen von einem fast sofortigen Buchungsplus in einigen Regionen in Süddeutschland von 4 bis 5 Prozent dank der Eidgenossen.

Aber nicht jede Währung ist gegenüber dem Franken so schwach wie der Euro. Für Reisende aus China und Südostasien wirken sich die Kursturbulenzen weniger stark aus. Sie werden heftig umworben und kommen mittlerweile in Scharen in das Land von Eiger, Gotthard, Matterhorn und der vielen Bergseen. Ein Ergebnis: Auf dem Jungfraujoch im Berner Oberland, das als „Top of Europa“ vermarktet wird, trifft man heute gefühlt weit mehr Japaner und Chinesen als Deutsche oder Niederländer. Eigens für Gäste aus Indien, die nicht so sehr auf Fondue oder Raclette stehen, bereiten indische Köche dort oben Chicken Curry und Chapatis zu.

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