Narben hinter Glas - Über die traurige Schönheit Dubrovniks

Dubrovnik (dpa/tmn) - Touristinnen mit Highheels kommen in Dubrovniks steinerner Altstadt schlecht zurecht. Auch Besucher auf glatten Sohlen haben Probleme. Genau richtig sind dort Reisende mit einem Faible für idyllische Gassen, fantastisches Panorama und Geschichte.

Dubrovniks alte Wunden sind ein bisschen heller als der Rest der Stadt. Ziegel, Mauerputz, steinerne Dachrinnen - überall, wo die Farben strahlen, sind Einschlaglöcher geflickt worden. „Da fehlt die echte, alte Patina“, sagt Sandra Coić. Die Gästeführerin in der Hafenstadt an der dalmatinischen Küste Kroatiens meint den grauen Schleier, der eigentlich noch über den roten Ziegeln der Altstadt liegen müsste - wenn nicht der kroatische Unabhängigkeitskrieg gewesen wäre.

Fast alle Schäden sind inzwischen repariert. Nur einige Einschlaglöcher haben die Bewohner konserviert. Von oben sieht die Stadt aus wie ein Flickenteppich aus vielen leuchtend hellroten und wenigen grauroten Stücken. Den wohl besten Blick haben Urlauber vom Hausberg der Stadt, dem Srd. Die hellen Dächer stammen aus den Jahren nach 1991. Die dunklen sind mehrere 100 Jahre älter.

„Die Dächer sind unsere fünfte Fassade“, sagt Vjekoslav Vierda. Er war der Direktor des Instituts für den Wiederaufbau nach 1991. „316 Dächer wurden rekonstruiert, 5,5 Millionen Dachziegel“, zählt Vierda auf. Der Nikolaustag 1991 war der Höhepunkt der Belagerung Dubrovniks. Kurz zuvor hatten die Kroaten für ihre Unabhängigkeit gestimmt. Seit 2007 gilt der Wiederaufbau offiziell als abgeschlossen. In den Köpfen der Einwohner von Dubrovnik ist die Zerstörung aber noch nicht vergessen.

Besucher der Stadt merken schnell, dass die Dubrovniker noch nicht abgeschlossen haben mit ihrer Kriegsgeschichte. Ein Besuch in der bildschönen Küstenstadt ist immer auch ein bisschen traurig. Die Gästeführerin Coić war 16 Jahre alt, als die Granaten einschlugen. Ihren Führungen merkt man das heute an. Alles, was sie zeigt, hat den Beigeschmack der Versehrtheit.

In der Altstadt innerhalb der Festungsmauer gibt es kaum ein Fleckchen Boden oder ein Gebäude, das nicht steinern ist. Das birgt auch Gefahren: Die von unzähligen Urlauberfüßen blank polierten Steinstraßen sind bei schlechtem Wetter spiegelglatt.

Am Anfang der Stradun, die wie eine Diagonale in der fast rund geformten Altstadt liegt, ist das Pile Tor. Über die Brücke am Tor fallen in der Hauptsaison täglich Tausende Touristen in die kleine Altstadt ein. Im vergangenen Sommer waren es täglich bis zu 25 000. Viele davon sind Kreuzfahrtgäste, die für einen Tagesausflug im Hafen von Dubrovnik vor Anker gehen. „Die Stadt ist ein bisschen zu klein für solche großen Schiffe“, sagt die Gästeführerin Antea Glumac und fügt pflichtschuldig hinzu: „Aber wir freuen uns natürlich über alle Gäste.“