Naturschutzgebiet KaZa bietet grenzenlose Safaris
Katima Mulilo (dpa/tmn) - Antilopen grasen auf Ruinen von Armee-Camps, junge Löwen erobern neue Reviere: Auf 300 000 Quadratkilometern haben fünf Staaten den Kavango Zambezi Transfrontier Park ausgerufen.
Er ist Afrikas jüngstes und größtes Naturschutzgebiet.
Wie in einer alten, verzogenen Glasscheibe spiegelt sich die Morgensonne über dem Sambesi. Bäume, Büsche, Schilf, alles ist jetzt doppelt zu sehen - auch die zwei Fischer, die von ihrem Einbaum Tilapia-Barschen nachstellen. Nur die Strömungskanten des mehrere hundert Meter breiten Stroms nehmen den Konturen des Kunstwerks die Schärfe. Seit wenigen Monaten ist dieses Kunstwerk nun endlich geschützt.
Im August haben Angola, Sambia, Simbabwe, Botsuana und Namibia nach jahrelangen Vorbereitungen gemeinsam die Kavango-Zambezi-Transfrontier Conservation Area ausgerufen, kurz KaZa. Mit fast 300 000 Quadratkilometern ist es das größte Naturschutzgebiet Afrikas. Die Touristen kommen wegen des Großwilds, das langsam, aber sicher zurückkehrt - und wegen der Ruhe und Einsamkeit.
Vor sieben Jahren hat der Südafrikaner Francois Haasbroek in Katima Mulilo, der Provinzhauptstadt des Caprivi-Streifens im östlichsten Zipfel Namibias, eine kleine Lodge gegründet. Seine beiden Hausboote liefern einen Vorgeschmack auf das, was die Regierungen der fünf Anrainer-Länder des weit verzweigten Flusssystems für die Zukunft versprechen - grenzenlose Safaris durch atemberaubende Wildnis.
Am Ufer des Chobe, der Namibia von Botsuana trennt, drängeln sich die Elefanten am Nachmittag. Ein paar Minuten flussaufwärts ist ein Rudel Löwen zum Trinken an der Lebensader eingekehrt. Büffel und Impalas weiden auf den Überschwemmungswiesen, Flusspferde kühlen sich im Wasser, riesige Krokodile wärmen sich an Land.
36 Nationalparks und Reservate bestehen schon jetzt zu ihrem Schutz in den fünf KaZa-Ländern. Zusammengelegt haben sie nahezu die Größe Italiens. Die Vision ist ein gemeinsames Park-Visum für Touristen in allen fünf Staaten. Bis dahin wird freilich noch viel Wasser die mächtigen Victoria Fälle herunterstürzen, noch ist KaZa trotz des offiziellen Beschlusses vor allem eine Marketing-Idee.
Russell Taylor und Chris Weaver vom World Wildlife Fund (WWF) haben die Entstehung des Parks von den ersten Schritten an begleitet. „Als Chris 1993 die ersten Dörfer im Caprivi besucht hat, da haben sie ihn davon gejagt“, erinnert sich Taylor, Planungsberater für die zwischenstaatlichen Parkprojekte. „Nimm dein Wild und hau ab, wir wollen es nicht!“, bekam Weaver damals zu hören.
Heute lacht der Direktor von WWF-Namibia darüber. Der US-Amerikaner setzt auf die Verantwortung der Menschen vor Ort, weil es für ihn keine Alternative gibt. „Wenn Wildschutzgebiete effizient geführt werden sollen, dann muss das durch die Leute geschehen, die mit den Tieren leben“, sagt er.
In Namibia ist das lange nicht passiert. Das Wild war Besitz des Staates, der Lizenzen für Jagd und Safaris vergab. Die traditionellen Dorfgemeinschaften waren außen vor und hatten entsprechend wenig Interesse, Elefanten zu schützen, die ihre Felder verwüsten. Es störte sie nicht, wenn Wilderer die Tiere töteten, die sie nur als Schädlinge sahen. Mitunter haben sie sogar bei der Jagd geholfen.
„Diese Einstellung hat sich geändert, das Wild wird inzwischen viel mehr als gemeinschaftlicher Wert gesehen“, beschreibt Taylor den Wandel in den Köpfen. Die Menschen vor Ort profitieren über Lodge-Beteiligungen, Arbeitsplätze, Lizenzen und eigene Campingplatz-Projekte inzwischen spürbar vom Tourismus - und ohne wilde Tiere kommen keine Safari-Touristen.
Die ersten Erfolge der neuen Strategie sind längst sichtbar. Große Elefantenherden wandern wieder entlang des Kwando, einem Nebenfluss des Chobe, quer durch Namibia bis nach Angola und Sambia. Wo noch vor 20 Jahren Armee-Basen im Busch standen, grasen heute Antilopen über den Ruinen. Junge Löwen erobern neue Reviere, Flusspferde grunzen im dichten Schilf, und überall trampeln Elefanten.
133 000 Dickhäuter hat die African Elephant Database 2007 im heutigen KaZa-Gebiet gezählt - die aktuellen Schätzungen von WWF und KaZa-Verwaltung sind sogar doppelt so hoch. Im Chobe National Park in Nord-Botsuana ist die Population derart stark gewachsen, dass die Vegetation bereits deutlich sichtbaren Schaden genommen hat.
Es gibt im Riesenprojekt KaZa noch viel Arbeit, vor allem Aufklärungsarbeit. Die Basis des Naturschutzes scheint noch immer brüchig. George Magwaza bestätigt das so einfach wie eindrucksvoll. „Wenn wir profitieren, unterstützen wir ihn“, sagt der Viehzüchter mit dem Stoppelbart und der zerschlissenen Hose über den Megapark. „Aber wenn wir nichts davon haben, dann nicht.“