Von Rügen bis Aserbaidschan - ITB wird großes Reisebüro
Berlin (dpa) - Bislang war es nur ein Werbespruch, doch nun könnte die Reisemesse ITB wirklich so etwas wie ein großes Reisebüro werden. Doch das löst nicht nur Freude aus.
Das war schon sehr gewagt: Ägypten hat am Berliner Messegelände schon vor Wochen mit dem Slogan „Taste the change“ (Koste den Wandel) um Touristen gebuhlt und auf die ITB eingestimmt. Wer mit TV-Bildern von Straßenschlachten in Kairo zur weltgrößten Reisemesse kommt, wird sich so leicht nicht überzeugen lassen. Doch die großflächige Plakatpräsenz zeigt: Wer seinen Tourismus voranbringen will, wirbt in Berlin für sich. Mehr als 10 000 Aussteller aus 180 Ländern werden sich in diesem Jahr auf der Internationalen Tourismus-Börse (6. bis 10. März) präsentieren, und in diesem Jahr nicht nur das: Nach 47 Jahren können die Messebesucher erstmals auch Reisen buchen.
Auch wenn noch nicht klar ist, wie das Angebot in den Hallen am Funkturm ankommt, sieht Messemanager Martin Buck die ITB deshalb schon als „größtes Reisebüro der Welt“. 16 Verkaufsstellen von Reisebüros sollen am 9. und 10. März auf der ITB öffnen, zudem wollen laut Veranstalter viele Aussteller direkt am Stand ihre Reisen verkaufen. Was die Agrarmesse Grüne Woche für sich beansprucht, könnte künftig auch die ITB für sich behaupten: zum Saisonauftakt als Konjunkturbarometer für die Branche zu dienen.
Sie trifft in Berlin auch in diesem Jahr wieder auf ein reise- und ausgabefreudiges Publikum. Jahrelange wirtschaftliche Stabilität hat die deutschen Urlaubskassen gefüllt - was der Deutsche Reiseverband etwa an einer wachsenden Nachfrage nach Luxusreisen festmacht. Die Malediven, Seychellen und Mauritius zogen demnach zuletzt mehr Touristen an, auch die Vereinigten Arabischen Emirate. Ganz vorn stehen aber weiter die Strände an Mittelmeer, Nord- und Ostsee.
Dabei bringt die ITB immer auch neue Reiseziele auf die Agenda, dieses Jahr etwa mit Vorschauen auf das neue Stockholmer Abba-Museum, einen Baumwipfelpfad bei Prora auf Rügen und das Reiseland Aserbaidschan. Immer mehr in den Blickpunkt rücken Angebote für eingegrenzte Zielgruppen, etwa Angebote speziell für Schwule und Lesben, für Angler und für Hochzeitsreisende.
Großes Thema im Kongressprogramm ist nachhaltiger Tourismus. Diskutiert werden etwa Konflikte um Wasser in Urlaubsregionen und der Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung. Weil das Wort „Nachhaltigkeit“ sehr dehnbar ist, hat das Umweltprogramm der Vereinten Nationen Kriterien erarbeitet, um nachhaltigen Tourismus zu messen und zu steuern. Der Katalog soll auf der Messe vorgestellt werden.
170 000 Besucher werden an den fünf Messetagen erwartet, davon 110 000 Fachbesucher, denen die ersten drei Tage vorbehalten sind. „Das Gelände ist voll belegt“, sagt Buck. Erstmals wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei der Eröffnungsgala mit 4500 Gästen den Startschuss zu der Leistungsschau geben. In den vorderen Reihen wird es dann nicht nur zufriedene Gesichter geben: Dass die Reiseanbieter auf der ITB nun auch direkt den Kunden verkaufen können, stößt besonders den Reisebüros sauer auf.