Wo es still und beinahe einsam ist

Die Vereinigten Arabischen Emirate sind bekannt für ihre Kontraste. Glitzernde Metropolen auf der einen, unendliche Sandwüsten auf der anderen Seite. Im Oman faszinieren dagegen Berge und Strände.

Wo es still und beinahe einsam ist
Foto: Daniela Kebel

Die Straße ist breit, asphaltiert und führt von Muscat aus geradewegs in die Berge ins Landesinnere. Wobei geradewegs nicht der richtige Begriff ist: Serpentine um Serpentine windet sie sich nach oben, gibt immer wieder den Blick frei auf beeindruckende Schluchten und faszinierende Panoramen des westlichen Hajar-Gebirges. Es geht hinauf zum Jebel Akhdar, dem „grünen Berg“ im Hinterland von Nizwa. Bis zu 3000 Meter erreichen die Berge dort, doch die dominierende Farbe ist nicht Grün, sondern Grau-Braun.

Winzige Dörfer kleben ringsum an den steilen Hängen, die meisten sind verlassen, kleine Steinhäuser halb eingestürzt. Nur wenige sind bewohnt, haben neue Fenster und Satellitenschüsseln auf den schiefen Dächern. Hier und da ein Garten mit ein paar Nutzpflanzen. Enge Pfade schlängeln sich durch die Orte auf dem Saiq-Plateau in etwa 2000 Metern Höhe. Schräg gegenüber hat 2016 das Luxusresort Anantara Al Jabal Al Akhdar eröffnet. Sulaiman arbeitet als Wanderguide für das Hotel und führt Gäste durch drei kleine Orte Al Aqur, Al Ayn und Ash Shirayjah, und zeigt, wie die Dorfbewohner einst lebten. „Hier wohnt fast niemand mehr“, sagt er traurig und klettert in Al Aqur über Mauerreste in einen verschachtelten Hinterhof. Zerbrochene Fensterscheiben, einsturzgefährdete Hauswände und abgefallene Dachziegel überall. Eine abgemagerte schwarze Katze schleicht über das Geröll, verdorrte Pflanzen wachen über die Ruinen. Es herrscht eine gespenstische Atmosphäre trotz der sengenden Sonne am Vormittag.

Das Klima ist extrem trocken, deswegen spürt man die Hitze kaum. Der Weg wird beschwerlicher, die Wanderer kraxeln über Felsen, blank getretene — und deshalb spiegelglatte — Steinstufen und lockeres Geröll. Ein Mann um die 80 steht vor einem Haus und begrüßt die Gruppe. „Er ist der einzige, der hier geblieben ist“, sagt Sulaiman. Kurz drauf kommt ein zweiter Mann dazu, es gibt widersprüchliche Erklärungen, wie viele Menschen noch in den Orten wohnen.

Die meisten arbeiten mittlerweile in Muscat, erzählt der Guide, und dass man früher von Landwirtschaft gelebt habe. Kaum vorstellbar bei der trockenen Hitze, doch das nötige Wasser kam direkt aus den Bergen. „Mittlerweile verbrauchen die Hotels der Umgebung das gesamte Wasser“, sagt Sulaiman mit Blick in Richtung seines Arbeitgebers.

In den anderen beiden Dörfern gibt es noch Einwohner, die auf terrassierten Feldern Ackerbau betreiben. Vor allem Mais wird angebaut, Hühner picken auf vertrocknetem Gras und irgendwo riecht es streng nach Ziegen. Männer arbeiten auf den Feldern oder unterhalten sich in den Gassen, Frauen sind nicht zu sehen. Wie Schatten huschen sie höchstens von Tür zu Tür. Die sehr traditionell lebenden Dorfbewohner fühlen sich von den Touristen gestört. Dennoch sind es die Einheimischen, die Touristen durch ihre Heimatdörfer führen, um Geld zu verdienen. Das Pro und Contra der Modernisierung, Fluch und Segen des Tourismus.

Dann führt der Weg auf schmalen Mäuerchen einer Bewässerungsrinne entlang. Es gibt keinen Weg daneben, alle müssen über den etwas mehr als schuhbreiten Steinstreifen balancieren. Rechts der Fließrichtung des Wassers in der Rinne, denn auf dem linken Sims geht der Gegenverkehr. Feldarbeiter und Einwohner nutzen ihn wie einen normalen Pfad.

Schließlich ist Picknickpause: Auf der Terrasse eines leerstehenden Hauses gibt es zuckersüße Datteln, Tee und Kaffee — und dazu die Ruhe der Berge ringsum. Nur ein Vorgeschmack auf die beinahe drückende Stille des Hotels, das sich mit flachen, braunen Bungalows perfekt in die Landschaft einfügt. Aus einiger Entfernung ist es auf dem Plateau kaum mehr zu sehen, es verschmilzt mit der Bergwelt. Es ist umgeben von einem einzigartigen Panorama: Braune Berge, schroffe Steilhänge und tiefe Schluchten. Ein Ort zum Entspannen mit blühenden Gärten in der weitläufigen Anlage und einem Pool mit der gleichen fantastischen Aussicht.

Vor mehr als 15 Jahren hatte der Sultan von Oman die Idee eines Luxushotels dort oben, ab 2012 wurde dann gebaut. Auf den Bergen gegenüber stehen Paläste, einer soll dem Scheich von Katar gehören. Wer dort oben ist, hat seine Ruhe, ist aber auch ziemlich weit ab vom Schuss: von Städten, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur und Begegnungen mit Menschen. Deswegen empfiehlt sich für eine Omanreise nach dem Ausflug in die Berge ein Strandurlaub.

Noch ist der Oman nicht überlaufen, noch sind die unfassbar breiten Sandstrände bei Salalah recht leer. Doch der Tourismus kommt, entdeckt vor allem die Küsten des Arabischen Meeres. Dabei läuft Salalah der Hauptstadt Muscat allmählich den Rang ab. Die mit rund 250 000 Einwohnern zweitgrößte Metropole des Landes hat viel Sehenswertes: Verschiedene Souks, wie beispielsweise den Weihrauch-Souk, eine Moschee, die auch von Nicht-Muslimen besichtigt werden kann, und einen Sultanspalast, der sich hinter seinen Mauern zumindest erahnen lässt. Und die Stadt ist grün: Überall gibt es Plantagen. Papayas, Mangos, Bananen und Kokosnüsse werden am Straßenrand verkauft.

Im Osten der Stadt wächst Salalah Beach zu einem Touristengebiet heran. Künstlich angelegte Kanäle erwecken den Eindruck einer Lagune, Fünf-Sterne-Resorts wie das Anantara Al Baleed Resort haben sich dort ebenso angesiedelt wie ein Golfplatz und eine Marina. Eine erstklassige Lage direkt am weißen Sandstrand ist natürlich garantiert. Die Autorin reiste mit Unterstützung von Anantara.