WM-Spielort Recife - Brasiliens Venedig am Atlantik
Recife (dpa/tmn) - Das brasilianische Recife lockt nicht nur mit kolonialen Prunkbauten, Kultur und langen Stränden. Hier winken den deutschen Fans beim WM-Spiel gegen die USA sogar Angela Merkel, Sebastian Vettel und Barack Obama vom Spielfeldrand aus zu.
Leandro Castro möchte den Fußballfans gerne eine Freude machen, wenn Deutschland und die USA am 26. Juni in der brasilianischen Küstenmetropole Recife im WM-Gruppenspiel aufeinandertreffen. Er will sie mit berühmten Persönlichkeiten am Spielfeldrand überraschen. „Für die Deutschen habe ich an Angela Merkel, Sebastian Vettel und Franz Beckenbauer gedacht“, sagt Leandro.
Für die amerikanischen Fans, deren Team der ehemalige DFB-Coach Jürgen Klinsmann trainiert, wird er den US-Präsidenten Barack Obama und Michael Jackson am Spielfeldrand auflaufen lassen. Leandro gehört im nordbrasilianischen Bundesstaat Pernambuco, dessen Hauptstadt Recife ist, zu den größten Herstellern der sogenannten Bonecos Gigantes.
Die Riesenpuppen aus Pappmaché und Stoff, die mit einem Holzgerüst auf den Schultern getragen werden, fehlen auf keinem Volksfest in Recife. „Die Bonecos Gigantes sind Teil unserer Kultur, und die wollen wir natürlich während der WM auch dem Rest der Welt zeigen“, sagt Leandro. Er unterhält in Recife das Museum „Embaixada de Pernambuco“. Dort können die Besucher die Riesenpuppen das ganze Jahr über bewundern.
Für Recife haben bereits 1630 die Holländer den Grundstein gelegt: Sie kontrollierten für einige Jahrzehnte den Nordosten Brasiliens, bevor die Region wieder an die Portugiesen ging. Aus jener Zeit gibt es in Recife nur noch wenige Gebäude. Eines davon ist die sternförmige Festungsanlage Forte das Cinco Pontas, in der heute das Stadtmuseum untergebracht ist.
Die Holländer legten damals auch die Mangrovensümpfe trocken, bauten Brücken und Kanäle, auf denen man heute wunderschöne Bootsfahrten machen kann. Wegen der 50 Kanäle und zahlreichen Brücken wird Recife heute oftmals auch als das Venedig Brasiliens bezeichnet - ein Vergleich, den die italienische Stadt aber zu Recht als Beleidigung empfinden dürfte.
Recife Antigo, eine von Kanälen umgebene Insel, ist zugleich historisches und kulturelles Zentrum der Stadt. Auf dem am Hafen gelegenen Marco Zero Platz, dem Zentrum der Altstadt, findet das WM-Fanfest statt. Nicht weit von hier befinden sich in der Rua do Bom Jesus mit ihren bunten Häusern und der 1636 erbauten ersten Synagoge der Neuen Welt auch zahlreiche Bars mit Live-Musik. Und gleich nebenan hat erst Anfang des Jahres das Paço do Frevo eröffnet.
Dabei handelt sich um ein Kulturzentrum, in dem nicht nur die Geschichte dieses regionalen Musikstils anschaulich erklärt wird, sondern in dem man sich dem Frevo auch in Tanz- und Musikkursen nähern kann. Die schnellen Rhythmen afrikanischen Ursprungs wurden 2012 von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. „Das Wort Frevo stammt vom portugiesischen Verb für kochen, weil die Musik so mitreißend, heiß, schnell, beinahe feurig ist“, erklärt Joana Chaves vom Frevo-Museum. „Und diese Musik kocht in unseren Adern und macht unseren exzentrischen Charakter und unsere Lebensfreude aus“, erklärt sie.
Die meisten Touristen kommen aber wegen der langen Strände und der 300 Sonnentage in die 1,6 Millionen-Einwohner-Stadt am Atlantik. Der schönste und mit acht Kilometern längste Stadtstrand ist der Boa Viagem im gleichnamigen Stadtviertel. Hier stehen die meisten Touristenhotels, und hier spielt sich auch das Nachtleben ab. Dabei sind die zahlreichen Bars, Restaurants und Diskotheken allerdings voller als das Wasser, in das sich wegen der Haie nur wenige trauen. Gut, dass der Strand zumindest von einem natürlichen Riff geschützt ist, das der Stadt auch ihren Namen gab - Riff heißt auf Portugiesisch Recife.
Zum Genießen des süßen Lebens unter südlicher Sonne ist der Strand aber perfekt. Die türkisblauen Wellen des Atlantiks versickern sanft im weißen Sandstrand, und frische Krabben, Ananas und Kokosnüsse liefern die Strandverkäufer direkt ans Badetuch.