Digitale Verunsicherung Vom Netzwerk, das für uns denkt

Es bleibe dabei, die Gedanken sind frei? Im Grunde ist jeder von uns ein Datennetz, durch das elektrische Signale strömen, die unsere Körper steuern. Wahrnehmen, reagieren, denken, bewegen, wir haben geistig alle Hände voll zu tun, selbst bei simplen Aktionen wie einem Mausklick.

Foto: Sergej Lepke

Der aber kann in Zukunft erfolgen, ohne dass wir zur Maus greifen, sie über den Tisch schieben und eine Taste drücken. Das Brain-Computer-Interface misst die Hirnaktivität mit Elektroden am Schädel und interpretiert die Potentiale.

Direkt vom Kopf auf den Bildschirm, wo sich der Cursor in der Spur der Gedanken bewegt, das ist nicht spinnerte Vision, sondern ein aktuelles Projekt. Die Entwickler suchen auf der Internetplattform „kickstarter.com“ Geldgeber. Achtzigtausend Dollar sind als Finanzierungsziel gesetzt, das wahrscheinlich noch in dieser Woche erreicht wird. Schon ausverkauft ist der Bausatz zum Sonderpreis, den es Mitte nächsten Jahres mit Elektroden und Ganglion-Board geben soll.

Auch wenn sich alles noch an Forscher und Programmierer richtet, ist es denkbar, dass bald auch Endanwender mit EEG-Helm Gedanken an den Rechner geben, der auf Basis der Hirnströme gezielte Aktionen ausführt. Dann aber bleibt es nur eine Frage der Zeit, bis der Rückkanal steht: Bei der Zwei-Wege-Kommunikation steuern nicht nur unsere Gedanken den Computer, sondern dieser sendet seine Daten auch direkt ans Hirn, gibt unmittelbar Antwort auf unsere Abfragen, sagt uns, was wir wissen sollten.

Universalwissen auf Abruf, gefiltert und vorsortiert vom Dienstleister: Das allerdings ist keine Utopie. Denn wer sein Wissen aus dem Netz bezieht, hat heute schon daran teil. Noch brauchen wir Bildschirm und Lautsprecher, müssen lesen und hören, was wir wissen wollen. Doch sortiert und assoziiert werden die Ergebnisse und Verknüpfungen schon längst durch Big Data, die Berechnung unserer Interessen und die Ergebnisse der Suchmaschinen: Das Netz lenkt, was der Mensch denkt.