Den WM-Helden ganz nah
Eine Linnerin fand Fotos wieder, die sie 1970 von den Helden von Mexiko schoss.
Krefeld. Nun ist es endlich bewiesen: Boris Becker war nicht der erste prominente deutsche Sportler, den es in eine Hotel-Besenkammer getrieben hat. Vor knapp 39 Jahren, im Juni 1970, legte sich der Kölner Fußball-Nationalspieler Wolfgang Weber auf einer Kiste in der Abstellkammer des Steigenberger Airport-Hotels in Frankfurt nieder - allerdings nur zu einem Nickerchen. Mit in der Besenkammer war Waltraud Reifenberger, damals knackige 20, und mit einem Fotoapparat ausgestattet.
"Ich habe nur fotografiert, ehrlich", betont sie. Waltraud, mit hochtoupiertem schwarzen Haar, war mit ihrem damaligen Freund und späterem Ehemann Günter Hammer, dessen Schwester und zwei weiteren fußballbegeisterten Jungs im ihrem Ford P 4 von Aschaffenburg nach Frankfurt gefahren, um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nach ihrer Rückkehr von der WM in Mexiko zu feiern.
Seit vielen Jahren leben die Hammers in Krefeld, am Bruchfeld in Linn betreiben sie noch kurze Zeit ihre Auto-Werkstatt, denn der Ruhestand steht an. Beim Aufräumen hat Waltraud Hammer die Negative von damals entdeckt - und die Erinnerungen kamen hoch.
"Ich wollte unbedingt den Beckenbauer sehen, ich war sein Fan", gesteht die Unterfränkin. Bis zu jenem Tag in Frankfurt, als sich das Helmut-Schön-Team (WM-Dritter nach dem 1:0 gegen Uruguay) auf dem Römer feiern ließ, ehe es zurück ins Steigenberger am Flughafen ging. "Es hat geregnet. Alle sind nass geworden. Was hat Franz als einziger gemacht? Er ist in sein Hotelzimmer gegangen und hat sich den Anzug aufbügeln lassen." Das hat Waltraud gar nicht gefallen.
Ins Hotel kamen die beiden Mädchen dank eines einsichtigen General-Motors-Managers, der eine Visitenkarte opferte: "Wenn ihr gefragt werdet, zeigt sie". Die Jungs mussten außen vor bleiben. Die spätere Schwägerin, damals 17, übertrieb es im Foyer und wurde aus dem Hotel gewiesen: Sie war ihrem Idol Wolfgang Overath um den Hals gefallen. Waltraud knipste und knipste, was eigentlich verboten war - auffallend oft Hans Hubert Vogts. "Nach dem Franz war der Berti mein Schwarm", verrät Waltraud Hammer.
P.S. Selbstverständlich gibt es für das Besenkammer-Nickerchen von Wolfgang Weber auch eine Erklärung. Der konnte nämlich nie soviel Schampus vertragen wie seine Kollegen. Und Schampus ist an jenem Tag im Juni 1970 ordentlich geflossen...