Der große Tag der Viertklässler

72 Mädchen und Jungen der Grundschule Wimmersweg haben gestern die Radfahrprüfung abgelegt. Die WZ hat sie dabei begleitet.

Krefeld. An der Kreuzung Alt-Mühlenfeld/Kimplerstraße trennt sich die Spreu vom Weizen. Schulterblick, Handzeichen, richtig einordnen, rechts vor links, abbiegen und dann auch noch Gegenverkehr — ganz schön viel auf einmal für einen Neunjährigen, der die Radfahrprüfung ablegt.

Lara (alle Kindernamen geändert) etwa hat nur Augen für den Streckenposten in Person von Polizeihauptkommissar Gottfried Wolters und übersieht einen von rechts kommenden Radfahrer. Doch es geht noch mal gut. Marvin hingegen biegt einfach ab, ohne Handzeichen und ohne nach hinten geschaut zu haben. Doch es geht auch anders: Svenja macht alles richtig. „Das hätte man aufzeichnen können. Wie aus dem Bilderbuch“, sagt Wolters und macht eine Notiz auf seinem Klemmbrett.

Für die 72 Viertklässler der Grundschule Wimmersweg ist der Mittwochmorgen einer der wichtigsten Tage dieses Schuljahres. Sie wollen den Fahrradpass erhalten. „Alle sind sehr aufgeregt“, weiß Schulleiterin Angelika Naumann und schaut Polizeikommissar Andreas Baraniak über die Schulter, der die Fahrräder auf den technischen Zustand hin überprüft. „Du sitzt ja viel zu hoch“, sagt er zu Jessica und kramt eine Kombizange hervor. Kleinere Korrekturen gleich vor Ort sind kein Problem, gravierenden Mängel an diesem Morgen Einzelfälle. „Das ist nicht immer so“, sagt Baraniak. Oft müsse ein Großteil der Räder beanstandet werden.

Auf der rund 3,5 Kilometer langen Strecke rund um die Schule haben sich sechs Lehrerinnen postiert und halten ebenfalls auf Listen fest, welcher Schüler sich falsch oder richtig verhalten hat. Dabei zeigt sich, dass der ein oder andere unsicher ist. „Und das, obwohl sie die Strecke kennen und geübt haben“, sagt Rolf Rönsch, Geschäftsführer der Verkehrswacht. „Die Gefahr ist, dass die Eltern denken, mit dem Fahrradpass in der Tasche könnten sie ihr Kind jetzt allein überall hinfahren lassen.“ Rainer Deutzmann, Verkehrssicherheitsberater der Krefelder Polizei, hat dafür einen plastischen Vergleich: „Wenn mein Kind das Seepferdchen-Abzeichen erhalten hat, lasse ich es ja auch nicht allein im Elfrather See schwimmen.“

Mit Hilfe der Eltern haben die Mädchen und Jungen viel über den Straßenverkehr und das richtige Verhalten gelernt, auf dem Schulhof und schließlich auf den Straßen gelernt. Nach den Sommerferien geht es für sie an die weiterführenden Schulen. „Viele sind dann mit dem Fahrrad unterwegs. Es ist wichtig, dass sie dafür noch viel mit den Eltern üben“, sagt Rolf Rönsch.

Eine Übungsmöglichkeit ist den Grundschülern seit zwei Jahren genommen: Die Jugendverkehrsschule, die dem Neubau eines Feuerwehrgerätehauses weichen sollte. Doch das einzige, was dort in die Höhe schießt, ist die Vegetation, die das Gelände langsam in Beschlag nimmt. Das sorgt nicht gerade für Verständnis bei der Verkehrswacht, denn für Rönsch ist der ersatzweise eingerichtete Parcours am Danziger Platz keine Alternative: „Da gibt es keine Bordsteine, keine Schilder oder Ampeln.“ Die Kinder könnten die dortigen Erfahrungen einfach nicht auf den Straßenverkehr projizieren. Deshalb sei das Üben in der Verkehrswirklichkeit wichtig. „28 der 30 Grundschulen machen das“, sagt Rönsch. In der Innenstadt sei dies hingegen zu gefährlich. „Diese Schulen kommen zum Danziger Platz, ebenso wie die Förderschulen.“

Am Mittag ziehen die Verkehrssicherheitsberater zusammen mit den Lehrerinnen Bilanz, besprechen jeden einzelnen Prüfling. „65 der 72 Kinder haben bestanden“, sagt anschließend Gottfried Wolters. Ein guter Wert. „Es gibt Schulen, da fallen 40, 50, 60 Prozent durch“, so Rönsch.