Der Trödel-Engel hört auf

Maria Otto hat zahlreiche Projekte unterstützt.

Krefeld. Als Kind wollte sie Missionarin werden. Heute ist Maria Otto in Krefeld als guter Trödelengel bekannt: 30 Jahre lang verkaufte sie auf selbstorganisierten Trödelmärkten am Neumarkt Textilien, Trödel und Bücher und spendete die Einnahmen an karitative Projekte und Institutionen.

So kamen unter anderem der Krefelder Hilfe für Tondo (Philippinen) und der Krefelder Tafel viele Spenden zugute. Für ihr Engagement erhielt die Wahl-Krefelderin 2004 sogar das Bundesverdienstkreuz.

"Aus gesundheitlichen Gründen muss ich leider mit den Trödelmärkten aufhören", sagt Maria Otto mit Bedauern in der Stimme. Die 73-Jährige hat viermal im Jahr auf dem Neumarkt Sachen verkauft, die ihr Krefelder aus dem eigenen Fundus zur Verfügung stellten. "Im Moment sind in meinem Keller noch ungefähr acht Kisten voll Trödel", erzählt sie. Aber auch die sollen für einen wohltätigen Zweck verwendet werden.

Die pensionierte Religionslehrerin floh mit ihrer Mutter und ihrer Schwester im Alter von acht Jahren aus dem Sudetenland. Der Vater war 1942 gefallen, sie und ihre Familie mussten auf ihrem eigenen Bauernhof als Arbeiter leben, weil dieser an eine tschechische Familie übergeben wurde. Nach der Flucht lebten sie etliche Jahren im Odenwald.

Doch Maria Otto zog es in die Welt: Sie ging nach Frankfurt und machte eine Ausbildung zur Speditionskauffrau. Anschließend verbrachte sie als Au Pair Zeit in England und Frankreich. Zurück in Deutschland arbeitete sie in München und lernte dort ihren Ehemann kennen, einen Krefelder.

"Ohne ihn hätte es mich nie nach Krefeld verschlagen", gibt sie offen zu. Hier wagte sie einen Neuanfang, holte mit 32 Jahre ihr Abitur nach und studierte Religionspädagogik. Anschließend unterrichtete sie die Sekundarstufe I in katholischer Religion an verschiedenen Schulen.

Mittlerweile ist sie aus Krefeld nicht mehr wegzudenken. Lange war sie Mitglied der CDU-Bezirksvertretung Mitte und in vielen Gremien aktiv. Außerdem engagiert sie sich bis heute in ihrer Kirchengemeinde Bockum und bei Emmaus. "Leider muss ich die körperliche Arbeit nach einem Kollaps vor einigen Wochen einschränken", erklärt sie.

"Dabei haben ich mir immer vorgenommen, die Trödelaktionen bis zum 80. Geburtstag zu machen". Das Team um Maria Otto hat seit der Euro-Einführung rund 23.000 Euro gesammelt und freute sich immer über die eifrigen Spenden der Krefelder. "Es ist wirklich schade, dass wir diese Aktionen nicht mehr machen können, aber schon im alten Testament heiß es: Alles hat seine Zeit", sagt die gläubige Katholikin.

Ihre Motivation sich für andere Menschen einzusetzen, bekam sie zum einen aus ihrer christlichen Erziehung im Elternhaus und zum anderen duch Reisen in Dritte-Welt-Länder: "Vor allem das elende Schicksal der Kinder in Tondo hat mich dazu veranlasst, dort besonders zu helfen", erzählt Maria Otto.

Jetzt will die vielseitige Frau erst einmal richtig gesund werden. Die freie Zeit möchte sie gerne mit ihrer Enkelin verbringen und damit in vielen Büchern zu schmökern. "Seit ich pensioniert bin habe ich schon 300 Stück gelesen", sagt sie lachend und zeigt auf einen Stapel im Wohnzimmer, der noch auf sie wartet. Die meisten Werke davon natürlich auf dem Trödel erworben.