Panne wird zum Erdbeben

Längst geht es um mehr als die verschwundenen 800000 Euro. Die CDU greift „ihren“ OB an.

Krefeld. Die Nerven liegen blank - im Rathaus genauso wie bei den Politikern. Das ist am Mittwochabend im Finanzausschuss bei der Diskussion über die irrtümlich zu viel gezahlte Gewerbesteuer noch einmal ganz deutlich geworden. Und längst geht es nicht mehr "nur" um die verschwundenen 800 000 Euro. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen haben unterdessen die Qualität eines politischen Erdbebens erreicht.

CDU-Fraktionsvorsitzender Wilfrid Fabel hat sich am Mittwoch in öffentlicher Sitzung lautstark sowohl gegen den Oberbürgermeister als auch gegen die Stadtdirektorin gestellt - beide CDU-Mitglieder, beide oberste Verwaltungsspitze. Für Aufklärung in den Sachfragen hat das nicht gesorgt, für Diskussionsstoff - innerhalb der CDU und natürlich auch beim politischen Gegner - allemal.

Dieses Verhalten ist umso auffälliger, als sich Fabel bei der Diskussion um die Wahlbetrugsvorwürfe der SPD gegen den Oberbürgermeister mit Äußerungen noch sehr zurückgehalten hatte. Die Frage ist, wie sehr die Zusammenarbeit zwischen CDU, Fraktions- und Verwaltungsspitze nun durch die Angriffe gestört ist.

Um die Fronten zu klären, muss so schnell wie möglich der Bericht der unabhängigen Experten auf den Tisch. Die haben versprochen, möglichst bis zur Sondersitzung des Rechnungsprüfungsausschusses am 1. Juli, erste Ergebnisse vorzulegen. Sie werden sich nicht nur mit dem Fall der falsch verbuchten 800000 Euro beschäftigen, sondern auch mit den Abläufen und langen Informationswegen.

Bis dahin ist wohl nicht damit zu rechnen, dass es noch sachliche Informationen über Ursachen und Verlauf der Finanzpanne geben wird. Und wohl auch keine Antworten auf die zahlreichen Fragen, die auch im Finanzausschuss nicht, oder nur teilweise geklärt werden konnten.

Alle Parteien haben unterdessen umfangreiche Fragenkataloge vorgelegt. Da geht es um den genauen zeitlichen Ablauf und die langen Informationswege; es geht darum, ob die Abtretungserklärung zwischen den beiden betroffenen Firmen geprüft worden ist; es geht um das Insolvenzverfahren; es geht um die interne Kontrolle von Buchungsvorgängen; darum, ob Dienstvorschriften verletzt wurden, wenn ja welche und von wem; und es geht vor allem um die Unabhängigkeit des Rechnungsprüfungsamtes und des Rechnungsprüfungsausschusses.

Der Oberbürgermeister hatte den Bericht des Rechnungsprüfungsamtes als erster vorgelegt bekommen und abgeändert. Nach eigenen Angaben bezog sich dies nicht auf Inhalte, sondern auf die Schärfe gegen einige beteiligte Mitarbeiter. Dabei beruft sich der Oberbürgermeister auf eine vom Rat abgesegnete Dienstanweisung aus dem Jahr 1974.

Die Politiker hingegen pochen auf die Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung. Laut Gemeindeordnung könne der OB zu Prüfberichten lediglich Stellung nehmen.