Kinderschutzbund: Mit viel Geduld und Spiel zu einem friedlichen Miteinander

Auffällige Jungen lernen durch einen Erlebnispädagogen, in der Gruppe zusammenzuhalten statt zu streiten.

Krefeld. Ein Streit oder kleine Handgreiflichkeiten kochen schon mal schnell hoch bei den Jungen der sozialpädagogischen Tagesgruppe des Kinderschutzbundes. Gegen jeden und alles zu sein, ist eben meistens einfacher. „Zu lernen, dass man aber auch miteinander füreinander da sein kann, ist ein langer Weg“, sagt Nicholas Amend.

Diesen Weg hat der Erlebnispädagoge, Outdoorexperte und Dozent mit den in ihrem Verhalten oft stark veränderten Jungen der sozialpädagogischen Tagesgruppe im Rahmen eines mehrmonatigen Projektes eingeschlagen. Unterstützt wird er dabei von den pädagogischen Fachkräften des Kinderschutzbundes.

Da die Schritte winzig klein sind, sind sie manchmal kaum sichtbar und nur schwer in schnelle Worte zu fassen. Vor allem passieren sie langsam, und sind nachhaltig. Bei ganz einfachen Aktivitäten geht es darum, dass die Gruppe etwas gemeinsam macht und erkennt, dass ein Miteinander jeden bereichert.

Regelmäßig fahren Betreuer und Jungen deshalb ins Grüne, wo sich die Jugendlichen schon zu Beginn des Nachmittags zahlreichen widrigen Feinden ausgesetzt sehen: Stachelige Kastanien, undurchsichtiges Gras, winzig kleine Käfer lösen großes Geschimpfe und Geschrei aus. Alle verweigern zunächst, sich ohne Decke und Kissen auf den Boden zu setzen. Die einzigen, die nach Sekunden geduldig unten auf der Erde warten, sind Nicholas Amend und die Pädagogen des Kinderschutzbundes. Mit gutem Zureden, klaren Ansagen und unendlicher Geduld dauert es rund 20 Minuten, bis alle sitzen und die Regeln der Spiele und des Benehmens immer wieder durchgesprochen werden.

Beim Wikinger-Schach auf der Wiese geht es darum, mit Holzklötzen die gegnerischen Bauern aus der Ziellinie zu werfen. Eigentlich ganz einfach. Und doch wieder nicht. Es muss wiederholt detailliert besprochen werden, wie die Klötze geworfen werden dürfen, damit niemand verletzt wird.

Als es schließlich losgeht und nach einer Weile auch ein Treffer erzielt wird, sind es Sätze und Geschrei wie „Dem reiß’ ich gleich den Kopf ab“ und zotige Schimpfwörter, die das Miteinander rasch wieder unmöglich erscheinen lässt. Geduldig rollt Nicholas Amend den Faden immer wieder auf und verknüpft ihn zu einem gemeinsamen Spielgeflecht. Er spricht mit den Jungen über die Störungen, wie sie sich auswirken und hinterfragt, wie die Gruppe es denn besser machen könnte. Die ständige Rückkoppelung ist ein wichtiges Element in der Erlebnispädagogik.

„Es ist viel Zeit und Kontinuität notwendig, um Ergebnisse zu erzielen“, erzählt Nicholas Amend. „Ziel des Projektes ist es, dass die Gruppe irgendwann einen kurzen Zelturlaub machen kann.“ Bislang waren schon gemeinsame Ausflüge zu Fuß durch die Stadt nahezu unmöglich.

Andreas Kremer, Leiter der Tagesgruppe, ist überzeugt von der Methode der Erlebnispädagogik: „Das Gruppenerlebnis ist mittlerweile so gut, dass es sich noch einen halben Tag nach dem Projekttag auswirkt. Wie heißt es so schön: Auch eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt.“