Mitte der 80er-Jahre wurde ein Pinguin zum Maskottchen: "Als Philipp zum Kevin wurde"

Wie ein Pinguin Mitte der 1980er Jahre zum Maskottchen wurde.

Krefeld. Um den Pinguin als Maskottchen und Namensgeber beim KEV und später bei den Pinguinen ranken sich viele Legenden und manche Erinnerungslücken. Es war auf jeden Fall Mitte der 80er Jahre. Der KEV war zweitklassig, die Kicker von Bayer 05 Uerdingen sorgten im Pokal und in der Bundesliga für Furore (dritter Platz am Ende der Spielzeit 1985/86).

Dem Werbe-Designer Eyck Uecker hatte es der launische Geißbock des 1. FC Köln angetan. Dem damaligen KEV-Vorsitzenden Ulrich Urban setzte Uecker den Floh von einem eigenen Maskottchen ins Ohr. Den Namen hatte er auch schon: KEVin, sollte heißen: dieser Verein ist „in“. Was natürlich nicht stimmte. Eyck Uecker heute: „Ich hatte aber absolut keinen Plan, welches Tier dafür infrage kommen könnte.“

Klar war ihm aber, dass Elefanten ausscheiden mussten. Wegen des Transports zum Eisstadion. Der damalige Zoodirektor Walter Encke schickte den Designer zu Wolfgang Nehring, in dessen Revierverantwortlichkeit sich Elefanten, Seelöwen, Zwergflusspferde, Goliathreiher und auch die Humboldt-Pinguine tummeln.

Doch Uecker stieß eines Spätnachmittags im Zoo zuerst auf das Tierpfleger-Ehepaar Klaus und Petra Flümann. Nein, nein: Schlangen, Kaimane und anderes Krabbelgetier kamen als Werbeträger für das KEV-Team nicht in Frage, da diese Begriffe als „negativ besetzt“ galten. „KEV Spuck-Kobras“, „KEV Würgeschlangen“, „KEV Krokos“?

Vermutlich zeitgleich „bearbeiteten“ Stadionsprecher Axel Thiele und Automanager Karl Obermann Tierdompteur Wolfgang Nehring in einer Kneipe an der „Rhenania-Allee“. Sie hatten in der WZ die Geschichten um Markus, den Seelöwen-Bullen, gelesen, den Nehring mit der Flasche aufgezogen hatte.

Markus lebte überwiegend in der Badewanne im Haus seiner männlichen Ersatzmutter; er wurde später als Zuchtbulle an den Zoo von Kopenhagen abgegeben, wo er heute noch munter kleine Seelöwen zeugt. „Nein“, winkte Nehring im „Boston Tiffany“ ab, „Seelöwen passen nicht, weil wir Kalifornische Seelöwen aus wärmeren Gewässern halten. Die mögen kein Eis.“

Der Elefanten-Dompteur offerierte „Philipp“, einen Pinguin-Hahn, ebenfalls ein Flaschenkind Nehrings (nachdem „Markus“ das Schwimmen und seine Artgenossen kennengelernt hatte).

Heute beschreibt Wolfgang Nehring den damals „voll durchgefederten, wohl zwei Jahre alten Vogel“ als einen, „dem alles am A . . . vorbei ging“. Das bekamen später die KEV-Spieler rund um Kapitän Vic Stanfield bei den Beschwörungs-Ritualen vor Spielbeginn zu spüren:

Philipp, der nun Kevin hieß, wurde zumeist von Hans-Willi Mühlenhaus (angesichts des kräftigen Schnabels mit vorsichtshalber respektvoll zurückgelehntem Kopf) am Sprechertisch abgeholt, vorsichtig in den Torkreis getragen und dort abgesetzt. Und entweder unterwegs oder aber spätestens mitten in der rituellen Beschwörung ging es dem Kleinen nicht mehr „am A . . . vorbei“ sondern eher mitten durch denselben.

„Shit“ schimpfte der damalige Torhüter Ian Wood herzhaft und brachte das Problem auf den Punkt. Kein Wunder, durfte er sich doch einige Minuten später bei den Abwehrparaden mit voller Inbrunst ins ätzend stinkende Guano werfen. Der Geruch war weder durch intensives Schaben mit den Schlittschuhkanten vom Eis noch von den somit unverkennbar gezeichneten Handschuhen der jeweiligen Träger zu entfernen.

„Der Willi braucht gar nicht zu boxen, der muss bloß dem anderen den Handschuh ins Gesicht drücken“, witzelte damals Uwe Fabig über die chemische Keule à la Kevin.

„Schlangen-Flümann“ betreute gegen geringes Entgelt die über Jahre währenden Transporte Kevins zur Rheinlandhalle im Auto des Werbemannes Uecker — den die merkwürdigen Blicke seiner Beifahrer auch noch Jahre später an seine „tolle Idee“ erinnerten.

1995 wurde das lebende Maskottchen — quasi mit dem Wechsel des Pinguins in die „offizielle Funktion“ des von der DEL geforderten tierischen Beiwerks im Klubnamen — endgültig gegen eines aus Kunststoff ausgewechselt. Es stank nicht mehr, aber die Originalität war futsch.

Und für die vielen gusseisernen Traditionalisten unter Krefelds Eishockeyfans ein gefundenes Fressen, wenn sie über die Amerikanisierung der DEL klagen: eine „Kunststoffliga“ eben. Kevin alias Philipp ist 2000 an Altersschwäche gestorben.