Schule für Zirkuskinder: Ein Kindheitstraum wird wahr
Rainer Mannhardt zieht mit Charles Knie von Ort zu Ort. Er unterrichtet die Kinder in einem umgebauten Wohnmobil.
Krefeld. Hinter der Schule wachsen in Töpfen Kartoffeln und Sonnenblumen. Weiter hinten krächzt ein grün-gelber Papagei. Und die Einschulung war ein großes Ereignis für die drei Schüler, denn die drei Elefantendamen des Zirkus Charles Knie, Jumba, Mala und Baby, begleiteten die i-Dötzchen an ihrem ersten Schultag zum Klassenzimmer.
Klar, das ist keine gewöhnliche Schule. Es ist die Schule des Zirkus Charles Knie. Das Klassenzimmer ist ein umgebautes und funktionales Wohnmobil. Derzeit steht es auf dem Sprödentalplatz in der zweiten Reihe der Wohnmobile an der Uerdinger Straße.
Damian (6 Jahre, Sohn des Reklamechefs), Angelo (7, Sohn des Truppenchefs der Flugtrapez-Artisten Flying Costa) und Enrico (6, Sohn des Lichtregisseurs) sind zum ersten Mal in der Schule. Sie kommen aus Albanien, Brasilien und Tschechien. Alle drei gehen derzeit in Krefeld zur Schule. Dazu kommen die acht Jahre alte Elea, die Tochter des Clowns aus Frankreich und Jessica (11), Schwester von Enrico, die zu Besuch bei ihren Eltern sind. Unterrichtet werden sie von Rainer Mannhardt (66) aus Bochum. Er fährt auch das „Klassenzimmer“.
Da dem Management des Zirkus eine solide Schulbildung wichtig ist, wurde ein fahrendes Klassenzimmer angeschafft, in dem der neu engagierte Lehrer Rainer Mannhardt die Kinder täglich unterrichtet. Schulstunden sind täglich von 9 bis 12 Uhr und von 13.30 bis 15.30 Uhr. „Aber da sind wir flexibel“, sagt Lehrer Mannhardt. Früher mussten Zirkuskinder entweder ins Internat oder an den jeweiligen Gastspielorten eine Schule besuchen, um der Schulpflicht nachzukommen. Die Knie-Schule ist der staatlich zugelassenen „Schule für Circuskinder in NRW“ angegliedert.
Rainer Mannhardt ist für die Zirkusleute ein regelrechter Glücksgriff: Der pensionierte Rektor der Hans-Christian-Andersen-Grundschule in Bochum-Gerthe: „Ich wollte schon immer mit dem Zirkus mitreisen und bin froh, dass ich mir jetzt im Ruhestand diesen Kindheitstraum erfüllen kann.“
Für knapp neun Monate lässt er seine Heimat Bochum und seine Frau Anne zurück und reist mit dem Zirkus Charles Knie durch ganz Deutschland. „Meine Frau hat gesagt, ganz oder gar nicht. So wurde es jetzt ganz.“ Seine Frau besucht ihn ab und zu im Wohnwagen und an Wochenenden fährt er nach Hause, wenn’s nicht zu weit ist. In den einzelnen Städten zeigt er den Kindern besondere Sehenswürdigkeiten. In Krefeld steht ein Besuch von Burg Linn auf dem Stundenplan.