Soziales Jahr: Schicksal berührt den Helfer

Geboren in Kasachstan, aufgewachsen in Krefeld: Roman Zitlau (20) leistet Friedensdienst in Russland.

Krefeld. Die Geschichte des 13-jährigen Sascha geht Roman Zitlau besonders zu Herzen: "Der Junge war im Kinderheim und sollte zur Drogentherapie ins Krankenhaus. Vorher ist er abgehauen und wir haben ihn trotz intensiver Suche nicht gefunden. Nach zwei Wochen kam er wieder, erhielt Essen und wurde eingekleidet. Dann kam er in Therapie." Zitlau selbst ist 20 Jahre alt, wohnt in Traar und verbringt sein soziales Jahr, den Friedensdienst, auf eigenen Wunsch in Russland, in Nishnij-Nowgorod. Zur Weihnachtszeit war er zu Hause. Dort kam ihm vieles verändert vor.

"Hier sind die Straßen so ordentlich und sauber, es herrscht kaum Lärm, keine Sirenen heulen. Mit minus vier Grad ist es geradezu warm. Alles erscheint so merkwürdig. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen", so der "Friedi", wie die jungen Leute im Friedensdienst genannt werden. Dabei ist Zitlau erst seit fünf Monaten in der Stadt, wo die Oka in die Wolga mündet. "Nach dem Abi am Ricarda-Huch-Gymnasium habe ich mich entschieden, dorthin zu gehen. Indien oder Amerika hörten sich auch spannend an, aber die Wurzeln meiner Familie liegen in Russland. Ich bin in Kasachstan geboren und mit drei Jahren nach Deutschland gekommen."

Deshalb hat er auch mit der Kommunikation keine Schwierigkeiten. "Die Umgangssprache habe ich drauf. Alles kam schnell wieder." Probleme hat er vielmehr mit den Schicksalen der Kinder dort. Sie sind meist Waisen oder stammen aus schwierigen Verhältnissen: "Wenn ich höre, dass die Hälfte der Heimkinder in den ersten drei Jahren nach ihrer Entlassung entweder getötet wird oder in Kriminalität verfällt und im Gefängnis landet..." Die Kriminalität sei überhaupt sehr verbreitet, berichtet er weiter. "Mein Vorgänger wurde zusammengeschlagen. Das Alkoholproblem ist groß."

Die Heimkinder sind acht bis 17 Jahre alt. An fünf Tagen in der Woche ist Zitlau bei ihnen, bringt ihnen ergänzend zum Unterricht in der Schule Deutsch und Englisch bei und will ihnen nun auch Gitarren-Unterricht geben. Einmal in der Woche kümmert er sich um Invaliden, geht mit ihnen spazieren. Dennoch bleibt Zeit, die Riesenstadt Nowgorod mit ihren 1,5 Millionen Einwohnern zu besichtigen. "Die Gegensätze von arm und reich sind dort sehr krass. Besonders die Rentner haben fast gar nichts zum Leben. Die meisten betteln um einige Rubel." Dennoch seien die Leute sehr herzlich und freundlich. "Ich habe schon Freunde gefunden."

Der 20-Jährige ist glücklich. "Es war eine gute Entscheidung, eine Super-Erfahrung. Ich habe ein anderes Leben kennen gelernt, einfacher, nicht so bequem."

Ansprechstelle: Wer sich für den Friedensdienst interessiert und sein soziales Jahr in einer russischen Stadt verbringen möchte, kann sich an die Gesellschaft für Deutsch-Russische Begegnung in Essen wenden. Zuständig ist Werner Strahl, erreichbar unter der Rufnummer 0201/49 15 68.

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