Willich/Kreis Viersen Voll motiviert zur letzten Runde
Uwe Schummer (CDU) stellt sich noch einmal als Bundestagsabgeordneter für den Kreis Viersen zur Wahl. Die WZ sprach mit ihm über sein Wahlprogramm und bisher erreichte Ziele.
Willich. „Erfahrung schafft Vertrauen.“ Mit diesem Slogan wirbt der Willicher Uwe Schummer für seine Wiederwahl als Bundestagsabgeordneter des Kreises Viersen. Seit 2002 sitzt der CDU-Politiker im Parlament in Berlin, viermal wurde er von den Bürgern direkt gewählt. Mit der WZ sprach er auf der Terrasse seines Hauses in Neersen über sein persönliches Wahlprogramm, erreichte Ziele, den politischen Kompass und die Altersfrage.
Herr Schummer, Sie sind bereits seit 15 Jahren Parlamentarier in Berlin. Läuft die Arbeit im Deutschen Bundestag eigentlich so ab, wie Sie es sich seinerzeit vorgestellt haben?
Uwe Schummer: Die erste Zeit war etwas enttäuschend. Man muss erkennen, dass es nicht reicht, zum Beispiel vor dem Parlament eine flammende Rede zu halten, um etwas bewirken zu können. Denn alles, was später entschieden wird, wird in Berlin in kleinen Runden vorgeplant, zunächst innerhalb der eigenen Fraktion, danach mit den Kollegen in den Ausschüssen. Die offene Diskussionskultur habe ich dabei vermisst. Darunter leidet auch die Wertschätzung des Parlaments als Kontrollorgan der Regierung.
Als CDU-Abgeordneter kontrollieren Sie also auch die Regierung „ihrer“ Kanzlerin Angela Merkel?
Schummer: Klar. Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder kommen regelmäßig in die Fraktion und erstatten Bericht. Und wir schicken die beiden auch schon mal raus, wenn es noch Diskussionsbedarf gibt.
In Ihren Anfangsjahren machten Sie als „gläserner Abgeordneter“, der auch seine jährlichen Einkünfte lückenlos vorlegt, bundesweit Furore — oft auch zum Verdruss Ihrer Kollegen. Was ist daraus geworden?
Schummer: Ich habe mittlerweile meinen 15. Jahresbericht veröffentlicht. Und ich schreibe weiter ein Tagebuch über meine konkrete Arbeit in der Hauptstadt. Mein Blog „Berliner Woche“ kann auch als Newsletter bezogen werden. Viele Abgeordnete haben sich mittlerweile auf diese Transparenz zubewegt. Die entsprechenden Richtlinien im Parlament wurden auch zweimal geändert.
Schließen Sie mit Ihren Wählern also immer noch einen Bürgervertrag?
Schummer: Aber sicher. Etwa 400 Leute machen da mit. Sie verpflichten sich, wählen zu gehen und ich verspreche Ihnen im Gegenzug, ein gläserner Abgeordneter zu sein. Sie bekommen meinen Blog und den Jahresbericht zugeschickt und einmal im Jahr gibt es eine Einladung nach Berlin.
Warum machen Sie so etwas?
Schummer: Mehr als 80 000 Menschen aus dem Kreis Viersen haben mich nach Berlin geschickt. Der Wähler ist mein Arbeitgeber, er entscheidet, ob mein Arbeitsvertrag verlängert wird oder nicht. Und er soll deshalb wissen, was ich für ihn in Berlin mache. Meine Devise lautet: Entweder werde ich direkt gewählt — oder gar nicht. Deshalb habe ich jetzt auch auf zehn Plätze auf der Landesliste der CDU freiwillig verzichtet. Viermal bin ich direkt gewählt worden. Sollte das am 24. September nicht gelingen, hätte ich es auch nicht verdient.
Was ist Ihr privater Kompass für die parlamentarische Arbeit?
Schummer: Die christlich-soziale und die europäische Idee. Ich finde es deshalb auch richtig gut, dass nach den völkisch-nationalistischen Tendenzen der jüngsten Zeit wieder politische Grundsätze stärker diskutiert werden als zum Beispiel die Frage, ob eine Steuer erhöht oder gesenkt wird. Ein gemeinsames Europa soll sicherstellen, dass es nie wieder Krieg gibt. Meine Befürchtung: Wenn es keine Augenzeugen des Krieges mehr gibt, wer vermittelt dann noch diese Werte? Dabei braucht es gerade angesichts von unberechenbaren Leute wie Putin, Trump und Erdogan ein starkes Europa. Und es braucht eine klare Orientierung, die bei der CDU von Konrad Adenauer bis Angela Merkel reicht.
Sie sind auch am Niederrhein stark verwurzelt . . .
Schummer: Meine Heimat ist der Niederrhein, doch ich bin offen für Europa. Das ist kein Widerspruch. Und eine europäische Orientierung ist mit völkischen Ideen nicht vereinbar.
Seit 2013 sind Sie in Ihrer Fraktion Beauftragter für Menschen mit Behinderung. Hat das Ihre Sicht auf Behinderung geändert?
Schummer: Es war ein Themenwechsel. Bis zu dem Zeitpunkt lagen meine Arbeitsschwerpunkte auf beruflicher Bildung und Forschung. Es war spannend, auch in den Bereich Arbeit und Soziales reinzukommen. Mit einem ehrgeizigen Ziel: Die Änderung des Bundesteilhabegesetzes, das die Rechte behinderter Menschen stärken soll. Mittlerweile ist es in Kraft getreten. Doch bis zu seiner Verabschiedung musste um Mehrheiten gerungen werden. Das war politische Nahkampfarbeit für mich. Und wir konnten auch nicht alle Wünsche erfüllen.
Sie sind ja auch Landesvorsitzender der Lebenshilfe. Werden Sie nach der Wahl, wenn Sie denn wieder in den Bundestag einziehen, Ihre Arbeit als Behindertenbeauftragter fortsetzen?
Schummer: Es wäre hilfreich, wenn diese Aufgabe jemand übernimmt, der selbst betroffen ist. Diese Kritik an meiner Funktion gab es nämlich oft. Ich würde aber gerne im Bereich Arbeit und Soziales weitermachen. Mein Ziel ist es, einen Ausschussvorsitz zu übernehmen.
Wie ist Ihr Verhältnis zu den anderen Kandidaten im Kreis Viersen?
Schummer: Mit Udo Schiefner von der SPD stimme ich mich ab, wir haben ein gutes Miteinander. Es ist kein Fehler, zwei Abgeordnete für den Kreis Viersen in Berlin zu haben. Denn erst kommt der Kreis, dann die Partei. In diesem Sinne konnten wir auch einiges erreichen, zum Beispiel Fördermittel für die denkmalgeschützte Königsburg in Süchteln vermitteln.
Was halten Sie von Kandidaten, die aus Hamburg hierher geschickt werden?
Schummer: Das zeigt, wie schwach die AfD im Kreis Viersen aufgestellt ist, wenn sie erst einen Herrn Gottschalk hierher importieren muss.
Wie sieht Ihr persönliches Wahlprogramm für den Kreis Viersen aus?
Schummer: Mein dringender Wunsch ist es, zur lange geforderten Verlängerung der Regiobahn vom Kaarster See in Richtung Viersen zu einem Konsens mit Mönchengladbach zu kommen. Auch die flächendeckende Digitalisierung im ländlichen Raum muss dringend vorangetrieben werden. Außerdem ist es aus meiner Sicht notwendig, dass die Hochschule Niederrhein im Kreis stärker aktiv werden muss, um mit Angeboten den Bildungsstandort zu stärken.
Herr Schummer, im November werden Sie 60 Jahre alt. Denken Sie da schon über Ihre Rente nach?
Schummer: Ich gehe voll motiviert in die nächste Legislaturperiode, denn ich möchte Spuren hinterlassen und wichtige Themen nach vorne bringen. Man soll mich aber auch nicht irgendwann mit den Füßen voran aus dem Parlament tragen. Es wird deshalb meine letzte Runde werden — da spüre ich auch eine gewisse Unabhängigkeit.