Konstituierende Sitzung NRW-Landtag: So zieht Rot-Grün in die Opposition

Die SPD setzt weiter auf Norbert Römer an der Fraktionsspitze, die Grünen testen mit Monika Düker und Arndt Klocke eine Doppellösung.

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Düsseldorf. Im neuen Landtag wird es erstmals einen Alterspräsidenten geben. Darauf hatte sich die Verfassungskommission in der vergangenen Legislaturperiode verständigt. Der Alterspräsident darf am Donnerstag bei der konstituierenden Sitzung des Landtags die Begrüßung übernehmen. Dieser Premierenauftritt gehört Norbert Römer (70). Seit Dienstag ist endgültig klar, dass er auch ein zweites Amt ausüben wird: Römer bleibt Fraktionsvorsitzender — wenn auch nur für ein Jahr.

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Es ist 12.40 Uhr, 25 Minuten später als angekündigt, als Römer den SPD-Fraktionssaal verlässt und vor der Presse ein für ihn wenig schmeichelhaftes Ergebnis verkündet: Nur 45 von 67 anwesenden Abgeordneten haben befürwortet, dass er den 2010 übernommenen Fraktionsvorsitz weiter behält. Das ist eine Zustimmung von gerade 67,2 Prozent — schlechter schneidet bei der Wahl zum Fraktionsvorstand nur Römers Stellvertreterin Eva-Maria Voigt-Küppers ab.

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Trotzdem spricht Römer von einer „geeigneten Grundlage“: „Gut zwei Drittel haben mir ihr Vertrauen ausgesprochen.“ Gegenkandidaten habe es bei keiner der Abstimmungen gegeben. Die Zahl der Stellvertreter wurde von sieben auf acht erhöht, hälftig auf Männer und Frauen verteilt. Einer der Namen darunter: der noch amtierende Justizminister Thomas Kutschaty, der mit 76,5 Prozent auch kein überwältigendes Ergebnis einfährt.

Römer spricht von einer Übergangsphase, „in der wir uns strukturell, strategisch, inhaltlich und organisatorisch neu aufstellen müssen“. Die neue Geschäftsordnung der Fraktion sieht vor, dass über den Vorsitz in einem Jahr neu entschieden wird und nach zwei weiteren Jahren noch einmal für die letzten zwei Jahre der Legislaturperiode. 2018 werde er für den Fraktionsvorsitz nicht mehr zur Verfügung stehen, kündigt Römer an. Wer bis dahin als Fraktionsvorsitzender aufgebaut werden soll und damit ein möglicher Ministerpräsidenten-Kandidat für die Landtagswahl 2022 wäre, lässt er offen. Kutschaty, Jäger — oder Mister/Misses X?

20 Minuten später und eine Etage tiefer präsentiert sich der kleinere Teil des rot-grünen Regierungsbündnisses auf dem Weg in die Opposition, tritt dafür aber mit doppelt so vielen Personen vor die Presse: Die Grünen haben sich am Montagabend auf der Klausurtagung in Duisburg für die Doppelspitze entschieden — nicht grundsätzlich, sondern „personengebunden“, wie Monika Düker sagt. Will heißen: Die neue Geschäftsordnung eröffnet die Möglichkeit von bis zu zwei Fraktionsvorsitzenden, schreibt sie aber nicht vor.

Düker (54) übernimmt die eine Hälfte der Doppelspitze. Vor zwei Jahren unterlag sie Mehrdad Mostofizadeh in der Abstimmung über den Fraktionsvorsitz noch mit einer Stimme. Jetzt erhielt die Düsseldorfer Abgeordnete neun von 14 Stimmen — vier weniger als ihr Tandempartner Arndt Klocke (46). Düker gehört dem Landtag seit 2000 an, Klocke seit 2010. Beide waren schon einmal Landesvorsitzende ihrer Partei — und wollen sich ihre politische Arbeit künftig thematisch aufteilen: Düker übernimmt die Innen- und Rechtspolitik, Klocke, Partner des heutigen NRW-Vorsitzenden Sven Lehmann, wird für Verkehrs-, Bau- und Umweltfragen zuständig sein.

Vor allem wollen sie es aber „anders machen“ als bisher: „Moderner, frischer, kommunikativer, lockerer“ (Klocke). Weg von dem Etikett der Bevormunderpartei, der Besserwisser und Welterklärer. Eine „konstruktive Opposition“ kündigt Klocke an. „Wir sind nicht auf grundsätzliche Ablehnung und Verweigerung aus.“ Wenn es wie bei den Radschnellwegen Übereinstimmungen mit der künftigen Regierung gebe, wolle man solche Entscheidungen unterstützen. Beim Thema Studiengebühren „sind wir aber ganz klar in der Ablehnung“.

Während Klocke von der künftigen Grünenfraktion als einem modernen „Thinktank“ (Denkfabrik) spricht, formuliert Düker den Anspruch, sich die „Oppositionsführerschaft“ zu erarbeiten. Forsche Töne nach einer der härtesten Wahlniederlagen, die die Grünen in ihrer nordrhein-westfälischen Geschichte haben einstecken müssen. Seither hat sich die Fraktionsstärke praktisch halbiert.

Auf keinen Fall aber werde es eine „Koalition in der Opposition“ geben, versichert Klocke: „Rot-Grün wird nicht in der Opposition fortgesetzt.“

Aber ganz verblasst das alte Grün endender Regierungszeiten dann doch nicht. Die scheidenden Minister Johannes Remmel und Barbara Steffens haben auf der Klausurtagung noch einmal bekräftigt, ihr Mandat antreten zu wollen. Die rot-grünen Veteranen bleiben — bei Rot wie bei Grün.