Evolution statt Revolution: Neues im Olympia-Programm

London (dpa) - Eine olympische Programm-Revolution gab es für die London-Spiele nicht. Dafür wird es in sechs Sportarten Evolutionen geben, um die Attraktivität zu steigern, den Zeitgeist zu treffen oder der Not zu gehorchen.

Ganz gestrichen wurden Baseball und Softball. Damit sind es bei den XXX. Sommerspielen zwar zwei Sportarten weniger als 2008 in Peking, geblieben ist jedoch die Zahl von 302 Wettbewerben.

Ein wichtiger Schritt für die Emanzipation bei Olympia ist die Einführung von Frauen-Boxen mit drei Klassen (Fliegen-, Halbwelter- und Halbschwergewicht). Dafür gingen die männlichen Fliegengewichte K.o. „Wir unterstützen das. Wir haben jetzt 13 statt elf olympische Klassen“, sagte Sportdirektor Michael Müller vom Deutschen Boxsport-Verband (DBV). „Das ist die richtige Richtung, denn Boxen hat mit 195 Mitgliedsverbänden nach Leichtathletik und Turnen weltweit die größte Verbreitung.“

Einschneidendste Veränderung für Rio de Janeiro 2016 wird neben der Einführung von Golf und Rugby die Zulassung von 56 Profiboxer zum olympischen Turnier sein. „Das wird das attraktivste olympische Boxturnier, das es je gab“, sagte Müller. Die 56 Profis müssen aber der neu geschaffenen Profi-Abteilung des Weltverbandes AIBA angehören. Es werden deshalb nicht alle Profis zu Olympia wollen.

Bei den Segel-Regatten vor Weymouth wird die Match-Race-Klasse Elliot 6m - ein Kielboot für drei Frauen - neu auf dem olympischen Revier sein - aber nur einmalig: Für 2016 ist das Olympia-Aus bereits beschlossen. Schon bei den London-Spielen sind Tornado- und Yngling-Boote nicht mehr dabei. In Rio de Janeiro fallen noch das Starboot, die Surf-Klasse RS:X für Frauen und Männer aus dem Programm, um den 49er-Frauen, Nacra 17 und den Kite-Akrobaten Platz zu machen.

„Die Entscheidungen des Weltseglerverbandes sind das Gegenteil von dem, was sie sein sollten. Sie sind unbeständig und unberechenbar“, kritisierte der deutsche Präsident Rolf Bähr. Als Beispiel führt er das Kite-Surfen an: „Natürlich ist Kiten aufregend und spektakulär, andererseits aber nicht nur in Deutschland fast überall verboten. Wie kann das dann jetzt schon eine olympische Sportart werden?“

Im Tennis werden nach 88 Jahren wieder Medaillen im Mixed vergeben. Damit wird erstmals nach der Wiederaufnahme 1988 das komplette Programm mit Einzeln und allen Doppeln wie bei den vier Grand-Slam-Turnieren gespielt. Am Start sind nur 16 Paare.

Während sich im Spring- und Vielseitigkeitsreiten nichts ändert, ist das Programm in der Dressur modifiziert worden. So wird ein Team nicht mehr aus vier, sondern nur noch aus drei Paaren bestehen. Das Streichergebnis des schlechtesten Reiters entfällt und alle Resultate werden für die Wertung zusammengezählt. Damit sollen kleinere Reitsport-Nationen unterstützt werden. Neu ist zudem, dass die Team-Medaille im Grand Prix und im Grand Prix Special ermittelt wird.

Neuerungen gibt es ebenso im Radsport. Eingeführt werden Omnium (Mehrkampf) für Männer und Frauen, die Mannschaftsverfolgung und der Teamsprint der Frauen. Nicht mehr dabei sind die Wettbewerbe Punkt- und Einerverfolgung (Männer/Frauen) und das Zweier-Mannschaftsfahren der Männer (Madison).

Im Fechten nennt man die Veränderung Rotation. Alle vier Jahre werden zwei von sechs Mannschaftsdisziplinen gewechselt. In London werden bei den Degen-Herren und den Säbel-Damen keine Team-Medaillen vergeben, dafür bei den Florett-Herren und den Degen-Damen. „Wir werden weiter darum kämpfen, mit allen Disziplinen im olympischen Programm zu sein“, sagte Gordon Rapp, Präsident des Deutschen Fechter-Bundes.