Bayer Leverkusen Nach dem Sieg gegen den Rekordmeister gönnt sich Bayers Hradecky ein Bier - „oder zwei, drei“

Leverkusen · Lukas Hradecky trinkt gerne mal ein Bier oder auch mehr. Unter Profifußballern ist so etwas eher selten, doch der Finne macht daraus kein Geheimnis und auch seine Mitspieler können darüber lachen.

Leverkusens Torwart Lukas Hradecky freut sich über das 2:1.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Die Temperatur minimal über dem Gefrierpunkt, dazu ein unangenehm feuchter Mix aus Regen und Schnee. An einem derart ungemütlichen Winter-Tag bietet sich für den einen oder anderen zur Entspannung ein Glühwein an, Lukas Hradecky aber freute sich nach getaner Arbeit auf ein anderes Getränk. "Wenn ich gleich zu Hause bin, dann hole ich mir ein Bier aus dem Kühlschrank - oder zwei, drei", sagte der Torhüter von Bayer 04 Leverkusen in den Katakomben der BayArena und sein neben ihm stehender Mitspieler Julian Brandt meinte lachend: "So habe ich Lukas kennengelernt."

Dass der kühle Gerstensaft sein Lieblingsgetränk ist, daraus hat der in Bratislava geborene Finne noch nie ein großes Geheimnis gemacht. "In der Slowakei verabredet man sich unter Freunden halt nicht auf einen Kaffee", grinste Hradecky. Als Fußball-Profi gönnt er sich freilich eher selten sein Bier und wenn, dann auch lediglich zu passenden Zeitpunkten. Von diesen gab es in der Hinrunde allerdings kaum welche, am Samstag aber war die Stimmung bei der "Werkself" großartig. Das 3:1 (0:1) gegen den FC Bayern München hat die Lebensgeister geweckt. "Das war eine starke Nachricht an unsere Gegner", sagte Hradecky.

Peter Bosz lässt die "Werkself" nicht ins offene Messer rennen

Es war nicht die einzige Botschaft, die diese etwas mehr als 90 Minuten in die Bundesliga-Landschaft entsand haben. Leverkusens neuer Trainer Peter Bosz hat aus dem Offensiv-Waterloo in seiner Zeit bei Borussia Dortmund ganz offenbar die entsprechenden Lehren gezogen. Der Niederländer ließ gegen den Rekordmeister nach guter alter Otto-Rehhagel-Schule kontrollierte Offensive walten. "Wir wollen zwar immer nach vorne spielen - aber wenn das nicht klappt, dann müssen wir defensiv gut stehen. Unsere Spiele gegen Gladbach und Wolfsburg waren besser, aber so ein Sieg hilft für das Selbstvertrauen ganz enorm", meinte Bosz.

Als genialer - wenn auch erzwungener - Schachzug entpuppte sich dabei die Einwechslung von Julian Baumgartlinger. Als in der 45. Minute der nach einem Foul von Joshua Kimmich an der Hüfte verletzte Kai Havertz das Feld verlassen musste, brachte Bosz keinen Offensiv-Akteur, sondern den österreichischen Abräumer und beorderte stattdessen "Sechser" Charles Aranguiz auf die "Acht". So bekam die "Werkself" nach der Pause nicht nur die Defensive verdichtet, die exakten Pässe von Aranguiz filetierten zudem die Münchener Abwehr. "Ein Spiel ohne Baumgartlinger hätte mir besser gefallen", sagte Bayern-Trainer Niko Kovac.

Der 47-Jährige wirkte in der Pressekonferenz leicht entmutigt, dass trotz der Führung durch Leon Goretzka (41.) der Rückstand zu Spitzenreiter Borussia Dortmund auf sieben Punkte anwuchs. Damit kann sich der BVB nun bereits zwei Niederlagen leisten, ein mit Blick auf das direkte Duell bei den Bayern in 61 Tagen mental nicht unwichtiger Vorteil. Doch ist der FC Bayern am 6. April überhaupt noch in Schlagdistanz? Hradecky hatte schon vor dem Sieg erkannt: "Die Bayern haben gegen Stuttgart zwar 4:1 gewonnen, doch ihre Leistung war nicht so wie sie sie von sich erwarten. Gegen uns werden sie besser spielen müssen."

Die Bayern verfallen in alte Muster aus der Hinrunde

Das aber taten sie lediglich in der ersten Halbzeit, danach verfielen sie wieder in alte Muster aus der Hinrunde. Mit der Führung im Rücken wurde ein Gang zurückgeschaltet, nach der Pause gaben die Münchener nur noch einen Schuss auf das Tor von Hradecky ab und in der Abwehr traten erneut Schwächen auf. War der Ausgleich von Leon Bailey (53.) noch ein gut getretener Freistoß, so brachte das 2:1 durch Kevin Volland (63.) Bayern-Trainer Niko Kovac zur Verzweiflung. "Dieser Treffer hat von hinten nach vorn keine zehn Sekunden gedauert. Wir waren ohne Zuordnung, wir hatten im Zentrum Löcher. Das war einfach grob fahrlässig.

So blieben auch die knappen Abseits-Entscheidungen beim vermeintlichen 2:0 von Robert Lewandowski (45.+2) wie auch beim 3:1 durch Lucas Alario (87.) nur eine Randnotiz. "Wir haben beim Videobeweis für Abseits nun die kalibrierten Linien, also gibt es auch nichts mehr zu diskutieren", sagte Münchens Angreifer Thomas Müller. Die Frage ist vielmehr, ob die Aufholjagd der Bayern schon im Keim zu ersticken droht. "Wir müssen den Laden jetzt langsam dicht kriegen. Mit drei Gegentreffern ist es schwer, zu gewinnen. Vorne sind wir gut, aber da werden nur Spiele entschieden - die Meisterschaft hinten", sagte Kovac.

Ins Titelrennen wird Leverkusen diese Saison nicht mehr eingreifen, die Hoffnung auf eine Qualifikation für Europa aber ist zurück. "Es war wichtig, nach der Niederlage gegen Gladbach jetzt zweimal in Folge zu gewinnen. Wir haben in der Hinrunde viel liegen gelassen, aber wir wollen nach Europa", sagte Julian Brandt. Der 22-Jährige zieht dafür auch den Weg über den DFB-Pokal in Betracht. "Das Finale in Berlin steht bei uns jedes Jahr ganz oben auf der Liste." Schon morgen geht es im Achtelfinale zum Zweitligisten Heidenheim. Und deshalb wird es Lukas Hradecky am Samstag dann auch bei einem Bier belassen haben.