Gladbacher wachen zu spät auf
Nach dem 1:2 in Berlin wächst der Abstand zum rettenden Ufer auf vier Punkte.
Berlin. Lucien Favre, der Trainer des aufstrebenden Hauptstadt-Klubs, erstickte nach dem mühsamen 2:1-Sieg des Titelkandidaten gegen Borussia Mönchengladbach kritische Fragen gleich im Keim: "Wir haben drei Punkte geholt und die Spitze erobert. Das ist doch die Nachricht des Tages", sagte der Baumeister der neuen Hertha und hob deren Ruhe und Disziplin hervor: "Nur zehn Fouls gespielt, keine gelbe Karte kassiert. Ist das denn nichts?" Der Schweizer beschönigte das abwartende Verhalten seiner Mannschaft nach der Pause nicht. Doch für ihn zählt nun einmal mehr die Akribie, das kontrollierte, das sichere und einfache Spiel, das ihm überwiegend Erfolg beschert hat. Bis zur Tabellenspitze.
Favres Strategie ging auch gegen das Tabellenschlusslicht aus Mönchengladbach auf, obwohl die Herthaner nach der Pause einige bange Momente zu überstehen hatten. Am Schluss hing der neunte Heimsieg sogar an einem seidenen Faden. Doch im Gegensatz zu den clever taktierenden Berlinern erlitten die Gladbacher mit ihrem System Schiffbruch.
Zunächst spielte das Team von Hans Meyer zu zögerlich, aufreizend lässig, um erst in der zweiten Hälfte energischer aufs Tempo zu drücken. Als Hertha dadurch ein wenig aus dem Gleichgewicht geriet, versagte Oliver Neuville im Abschluss. Nach dem Anschlusstor durch einen Foulelfmeter von Bradley (69.), den Marko Marin herausgeholt hatte, hing der Ausgleich in der Luft. Doch dann schwächelte auch der Jung-Nationalspieler vor dem gegnerischen Tor. In einer verheißungsvollen Szene kurz vor Schluss hatte der 19-Jährige am Strafraum einen Ball über Freund und Feind ins Leere gelupft. Der neben ihm bestens postierte Moses Lamidi wartete vergeblich auf das entscheidende Anspiel. Gladbachs Trainer Meyer sah sein Team im Duell "Cleverness gegen jugendlichen Leichtsinn" vor allem deshalb unbelohnt, "weil wir in der Offensive jugendlich nett gespielt haben."
Die Defensive trat zeitweise ähnlich auf. So konnten die Gastgeber vor der Pause fast ungehindert zwei tödliche Pässe in die Tiefe spielen, die Woronin und Dardai in Tore ummünzten. Hertha-Manager Dieter Hoeneß kämpft verbissen um die "Leihgabe aus Liverpool": "Wir wollen Woronin unbedingt halten." Die Gladbacher haben dagegen ganz andere Probleme. Ehe Trainer Hans Meyer seine Mission in Gladbach erfüllt hat und sich - wie 2004 bei Hertha BSC Berlin - feiern lassen kann, liegt noch eine beschwerliche Strecke vor ihm. Die Mannschaft bemüht sich, kommt aber nicht vom Fleck.