Heynckes in der Gladbacher Heimat zu Tränen gerührt

Mönchengladbach (dpa) - Jupp Heynckes war einfach nur Mensch. Ganz nah am Wasser gebaut, emotional, voller Rührseligkeit. In einem der überwältigendsten Momente dieser Bundesliga-Jubiläumssaison ließ der stets so gefasste und analytische Fußballlehrer seinen Gefühlen freien lauf und die Tränen heraus.

Zuerst stockte die Stimme, dann wurden die Augen feucht, mehrfach griff sich der 68-Jährige vors Gesicht, um etwas zu verbergen, dessen er sich nun wirklich nicht zu schämen brauchte. Jupp Heynckes weinte.

Der Grund war klar. Als er nach dem 4:3 (2:3)-Erfolg seiner Bayern über Borussia Mönchengladbach vom vorabendlichen Wiedersehen im Kreis der Gladbacher Pokalsiegermannschaft von 1973 erzählte, wusste Heynckes eines wohl mit Gewissheit: Ein Kreis hatte sich geschlossen. Nach 1011 Bundesligaspielen als Profi und Trainer endete in seiner Geburtsstadt eine Ära.

Als er sich dann „bei den Borussen-Fans und -Zuschauern für den wunderbaren Abschied“ bedankte und feststellte, dass die Stadt am Niederrhein für ihn als Fußball-Kosmopoliten die wirkliche Heimat ist, mussten die Tränen raus: „Hier im Borussia-Park - das war schon ein bewegender Moment für mich. Wenn es der Bökelberg gewesen wäre, wäre ich sicher noch emotionaler geworden. Da verbinden sich doch viele Triumphe, auch Niederlagen und Kuriositäten wie der Pfostenbruch.“

Heynckes fasste sich schnell wieder. Ganz Profi eben. Denn er lebt im hier und heute. Und das heißt: Er muss, obwohl längst im Rentenalter, noch für mindestens zwei Spiele Chefcoach sein, beim Champions-League-Finale am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund und im Endspiel des DFB-Pokals am 1. Juni gegen den VfB Stuttgart. Dann, ließ er via „Liga total“ wissen, werde er offenbaren, „was ich mache oder was ich nicht mache“. Eines ist bei dieser Entscheidungsfindung schon jetzt klar: Fußballfunktionär wird Heynckes nicht, „für mich persönlich kommt so etwas nicht infrage“.

Stattdessen will er seinem Bayern-Nachfolger Josep Guardiola den Dreifach-Triumph vererben. Der Auftritt vor den 54 010 Fans im ausverkauften Borussia-Park machte Heynckes bei diesem Vorhaben Mut, obwohl der Rekordmeister erstmals in seiner Erstliga-Historie in den zehn Anfangsminuten drei Gegentreffer durch Martin Stranzl (4. Minute), Mike Hanke (5.) und Havard Nordtveit (10.) hinnehmen musste.

Darüber dürfte Heynckes mächtig erbost gewesen sein, wie Bayern-Abwehrchef Dante später bekannte: „Wenn wir uns 15, 20 Minuten so präsentieren, muss der Trainer auch sauer sein.“ Der Scheidende indes war es gar nicht so sehr: „Ich habe eine gewisse Nachsicht mit meiner Mannschaft. Alles kreist um dieses Champions-League-Endspiel. Deswegen war es wichtig, hier eine gute Leistung zu bringen und zu gewinnen, um im Rhythmus zu bleiben und auch das Selbstvertrauen aufrecht zu erhalten.“

Das gelang, weil der überragende Franck Ribéry (18./53.) und Arjen Robben (59.) nach Javier Martínez' Anschlusstor zum 1:2 (7.) aus dem 1:3 noch das 4:3 machten. „Das ist gut für nächste Woche“, befand Ribéry, der ein wenig perplex wirkte ob der drei Borussen-Tore in der Anfangsphase: „Wir haben es uns für fünf Minuten schwer gemacht. Da haben wir uns nicht so konzentriert.“ Irgendwie müssen sich die Bayern-Profis dann aber doch der Bedeutung dieser Partie für ihren Chef bewusstgeworden sein. Ribéry: „Wir haben auch für den Trainer gewonnen, für Jupp.“