Fußball-Psychologe Slomka bringt HSV auf Kurs
Hamburg (dpa) - In nur vier Wochen Amtszeit hat Trainer Mirko Slomka den unlängst noch taumelnden Hamburger SV mit psychologischem Geschick wieder aufgerichtet.
„Mirko hat Erfahrung in dieser Situation. Er bringt eine gewisse Ruhe und Gelassenheit mit. Er hat taktisch einige Dinge verändert, und er hat eine gute Ansprache an die Jungs“, lobt Sportdirektor Oliver Kreuzer seinen Coach. In den vier Spielen unter Slomkas Regie läuft es: Zwei Siege und ein Remis kann er als Ausbeute vorweisen. In den Wochen zuvor unter Vorgänger Bert van Marwijk hatte der Verein nur Prügel bezogen und war schnurstracks in die Abstiegszone der Fußball-Bundesliga gestolpert.
Die Hamburger atmen nach leidenschaftlichem Spiel und dem verdienten 2:1 über den 1. FC Nürnberg auf. Platz 14 weist die Momentaufnahme aus. Wichtiger als die Platzierung ist die Erkenntnis, die Abwehrspieler Heiko Westermann so formuliert: „Wir wissen, dass wir es können, wenn wir alle an einem Strang ziehen.“ Slomka sagt lapidar: „Wir haben den Abstiegskampf angenommen.“ Vor allem die Stärke vor heimischem Publikum, die den HSV in früheren Jahren auszeichnete, dann aber versiegte, kehrt langsam zurück. Slomka hat in drei Heimspielen exakt so viele Punkte geholt wie van Marwijk und dessen Vorgänger Thorsten Fink in zehn Partien. Deshalb freut sich Torhüter René Adler, das Heimstadion wieder als „Festung zu spüren“.
Slomkas Mix aus gesteigertem Umfang und höherer Intensität im Training sowie psychologischem Gespür für die Aufrichtung der darniederliegenden Seele im HSV-Team kommen bei den Profis an. „Wir sind im Kopf klarer geworden“, beteuert Kunsttorschütze Hakan Calhanoglu. „Wir haben begriffen, worum es geht und wie wir uns verhalten müssen.“ Der mit acht Toren zweitbeste Torschütze der Hamburger nach Pierre-Michel Lasogga befolgte des Trainers Rat. Schüsse aus der Distanz wollte der Coach sehen. Calhanoglu mit seiner auserlesenen Schusstechnik feuerte aus allen Lagen - und wurde belohnt. „Wir sind aus der Distanz gefährlich, haben so schon zehn Tore erzielt“, resümiert Slomka stolz.
Als Fußballlehrer sei er „auch ein bisschen Psychologe“, bekennt der 46 Jahre alte Trainer und streicht den Sprung auf Platz 14 als großen Vorteil heraus. Sein Team muss nicht mehr hinterherrennen, sondern könne einen „Nichtabstiegsplatz verteidigen“. Die Ausgangslage wirke sich befreiend aus, betont Slomka. In der Bringschuld seien damit die anderen.
Doch seine Mannschaft ist vom Punkte-Bringen keineswegs befreit. Die Wochen der Hamburger Abstiegsduelle werden am nächsten Samstag mit der Partie beim Tabellenvorletzten VfB Stuttgart fortgesetzt. „Das wird ein Riesenspiel“, meint Calhanoglu in einer Mischung aus Vorfreude und Respekt und fügt an: „Es wird aber auch ein hartes Spiel.“ Vier Tage später kommt der Relegationsplatz-Inhaber SC Freiburg. Das Abstiegsrennen sieht Slomka bis zum Schluss offen: „Es bleibt extrem eng.“