Frankfurt zittert wieder, Freiburg atmet auf
Frankfurt/Main (dpa) - Die Frankfurter Eintracht war noch lange nach dem Spiel ein netter Gastgeber. Trainer Armin Veh rückte seinem Freiburger Kollegen extra den Stuhl im Presseraum zurecht und verabschiedete Christian Streich mit einer freundlichen Umarmung.
Was die Gastfreundschaft anging, schloss das nahtlos an die grotesken 90 Minuten an, in denen die Frankfurter zuvor 26 Mal aufs Tor geschossen und 64 Prozent Ballbesitz hatten, aber dem SC Freiburg am Ende beim 1:4 (0:1) „einen lebenswichtigen Sieg schenkten“, wie der Ex-Freiburger Jan Rosenthal frustriert befand.
Auch Veh meinte hinterher: „Dieses Ergebnis ist der absolute Witz. So grausam kann Fußball sein. Wir hätten uns heute absetzen können, jetzt sind wir da unten wieder ganz nah dran.“
Das ist bitter für die Eintracht und mit Sicherheit auch nicht leicht zu verdauen. Aber trotzdem passte dieses Spiel zu einem total verrückten Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga, in dem es neun Spieltage vor Schluss noch immer sechs bis neun beteiligte Mannschaften aber so gut wie keine Gewissheiten gibt. Natürlich hat Eintracht Braunschweig die schwächste Mannschaft und der VfB Stuttgart den besorgniserregendsten Trend. Aber sonst?
Ginge es in diesem Abstiegskampf nur nach der Qualität, wäre der VfB nicht Tabellenvorletzter. Ginge es nur um die Einstellung und die Körpersprache, hätten die lange Zeit konfusen und ängstlichen Freiburger auch kaum eine derart angriffslustige Eintracht besiegt. Auch über Monate verfestigte Erfahrungswerte sind auf einmal nichts mehr wert. Seit dem Beginn dieser Saison haderte der Sport-Club mit seiner miserablen Chancenverwertung und dem so oft fehlenden Glück. „Heute haben die Glücklicheren gewonnen, nicht die Besseren“, sagte Streich diesmal erleichtert. „Das tut uns auch mal gut.“
Sein Kollege Veh hält deshalb auch die Nervenbelastung für das größte Problem im Kampf um den Klassenerhalt. „Welche Lehren soll ich denn aus diesem Spiel ziehen?“, meinte er. Seine Mannschaft habe ein ganz wichtiges und mit großem Druck verbundenes Spiel gehabt und „trotzdem eine Top-Leistung gebracht. Wir dürfen jetzt nicht überziehen. Das war psychologisch ganz sicher nicht wertvoll. Aber da unten haben alle das gleiche Problem. Wer am ruhigsten bleibt, bleibt drin.“
Das Pikante an diesem Abstiegskampf ist: Die Zeit der direkten Duelle hört nicht auf. Der SC Freiburg kann am Freitag auch Werder Bremen wieder mit unten hineinziehen. Von Samstag bis Mittwoch folgen dann Spiele wie: Stuttgart gegen Hamburg, Nürnberg gegen Frankfurt, Nürnberg gegen Stuttgart und Hamburg gegen Freiburg. „Jetzt wird es ein Kampf, jetzt zählt jeder Punkt“, sagte Nürnbergs Torjäger Josip Drmic. Auch Veh ist sich sicher: „Es bleibt bis zum Schluss eng.“
Dass seine Eintracht dort unten noch immer dabei ist, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Erst der mutlose Auftritt beim 1:1 in Hamburg, jetzt der haarsträubende Chancenwucher gegen Freiburg: „Wir müssen kaltschnäuziger sein. Uns fehlt die Gier, den Gegner zu Boden zu schlagen“, meinte Kapitän Pirmin Schwegler. Das klingt martialisch, ist aber im Kern nicht falsch. Während Freiburg aus sechs Chancen vier Tore durch Julian Schuster (34.), Karim Guedé (54./90.+3) und Felix Klaus (70.) machte, traf sein Team bei einem Dutzend bester Möglichkeiten nur einmal (Joselu/59.). Dazu droht nun auch noch Torjäger Alexander Meier mit einer Adduktorenverletzung auszufallen.
Und die Freiburger? Die verdrängten ausgerechnet ihren Lieblingsfeind VfB Stuttgart auf Platz 17 und blieben dennoch ganz ruhig. „Wir dürfen uns darauf nicht ausruhen oder etwas einbilden“, sagte der überragende Oliver Baumann. „Sonst verlieren wir gegen Bremen 3:0.“