Liga-Check 15/16 Mönchengladbachs „kollektive Bewegung“ nach oben

Bei Borussia Mönchengladbach geht es stetig aufwärts. Fraglich ist allein, ob der Kader stark genug ist, allen Belastungen der kommenden Saison standzuhalten.

Gladbachs neue Sturmhoffnung Josip Drmic.

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Mönchengladbach. Wer Mönchengladbachs Aufstieg vom fast sicheren Absteiger zum Champions-League-Team mit Rekord-Umsatz von 130 Millionen Euro in Bilder fassen will, sollte den Borussia-Park besuchen. Alles wächst, das große Areal — 280 000 Quadratmeter Land gehören dem Verein — bietet alles, den Traditionsverein auch infrastrukturell in die Spitze der Liga zu hieven. Gegenüber der Haupttribüne soll ab 2017 ein Hotel mit direktem Zugang ins Stadion stehen — plus interaktivem Museum, riesigem Fanshop und modernem Reha-Komplex. Borussia Mönchengladbach boomt.

Hat der derzeitige Erfolg der Borussia die Chance auf Nachhaltigkeit?

Hat er, weil Wellenbewegung einkalkuliert ist und der automatisierter Einzug ins europäische Geschäft eben nicht. „Wir bauen einen Kader, der für Gladbach ohne Europa oder mit Europa League zu finanzieren wäre“, hat Sportdirektor Max Eberl gesagt. Der Bayer ist der Garant für vermeintlich freudlose Sparsamkeit, die viel mehr Vernunft als Geiz ist und schnell für viel Hochachtung sorgt, wenn trotzdem ganz viel daraus entsteht.

An Eberls Seite steht (bislang) treu Trainer Lucien Favre, der Gladbach zur großen Nummer in der Liga gecoacht hat. Mit ganz viel Ruhe, Raffinesse, einem Plan und auch mancher Schrulligkeit. Favre weiß, dass er den Club nahe ans Limit geführt hat, und er wird nicht nachlassen. Fraglich allein, ob der Kader stark genug ist, allen Belastungen der kommenden Saison standzuhalten.

Hat Gladbach sich denn nicht ausreichend verstärkt?

Bislang jedenfalls hat sich Eberl an seine Leitlinie gehalten. Mit Lars Stindl und Josip Drmic sind die abgewanderten Stars Christoph Kramer und Max Kruse ersetzt - ob gleichwertig, das wird man abwarten müssen. Immerhin begeisterte Allrounder Stindl, gekommen von Hannover 96, sofort alle.

Der Schweizer Nationalspieler Drmic, immerhin für zehn Millionen Euro von der Leverkusener Ersatzbank geholt, fügte seinem Frust der vergangenen Saison zunächst noch manche Verwunderung über den komplett anderen Spielstil in Gladbach hinzu. Dann aber traf der Schweizer in der Vorbereitung mehrmals. Und Tore waren für einen zweifelnden Stürmer schon immer das beste Aufbaupräparat. Trotzdem wird Drmic brauchen. Ob er es ein weiteres Mal verkraftet, wie in Leverkusen des öfteren auf der Bank zu sitzen, liegt auch an den pädagogischen Fähigkeiten seines Landsmannes Favre?

Aber wird das reichen?

Es gibt ja noch mehr Neue — und auch einige Überraschungen in der Vorbereitung. Zum Beispiel Andreas Christensen, auf den gleich beides zutrifft: neu und Überraschung. Der 19 Jahre alte Däne, ausgeliehen vom FC Chelsea aus der Premier League, ist mit der Begabung versehen, einem gewonnenen Zweikampf auch einen guten Aufbaupass folgen zu lassen.

Auch Marvin Schulz machte auf sich aufmerksam, steigert sich kontinuierlich und wird seine ersten Chancen bekommen. Wer Gladbachs Offensive als zu dünn besetzt ansieht, sollte mit Ibrahima Traoré und André Hahn rechnen. Beide waren keine unangefochtenen Stammspieler in ihrer ersten Saison in Gladbach, machten aber in der Vorbereitung nachhaltig auf sich aufmerksam.

Wer sind die Säulen im Team?

„Es gibt drei, vier Spieler“, sagte Eberl, „wenn die wegbrechen, haben wir ein Problem.“ Das ist die Krux im Kader: Nicht jede Position ist gleichwertig besetzt. So galt Abwehrchef Martin Stranzl trotz seiner 35 Jahre als eingeplanter Anführer, zwei Verletzungen aber ziehen seine Teilnahme zum Saisonstart in Zweifel. Auch Roel Brouwers ist schon 33, ob die jungen Alternativen funktionieren, wird man abwarten müssen.

„Sie werden Fehler machen, das wissen wir“, sagte Eberl. Dass Stindl, der im Test gegen Porto mit Raffael die Sturmspitze bildete und das auch wohl zum Saisonstart tun wird, und Drmic als Ersatz für Kramer und Kruse funktionieren sollten, ist klar. Mehr Verantwortung zu übernehmen, wird auch Neu-Nationalspieler Patrick Herrmann zugetraut. Wirkliche Probleme gäbe es, wenn außer Stranzl Granit Xhaka, Raffael oder Tony Jantschke länger ausfielen.

Aber sind die einzelnen Spieler überhaupt von so großer Bedeutung im System von Favre?

„Funktionieren die Automatismen, funktioniert die kollektive Bewegung der Spieler, dann sind wir gut“, sagt Favre. Das heißt auch: Dann kommt es auf die Stärke des Einzelnen viel weniger an, als man annehmen könnte. Immerhin hat es der Verein inzwischen über Jahre geschafft, Abgänge zu kompensieren und über ein funktionierendes System aufzufangen — wenngleich die tragenden Kräfte zum Teil erst neu angelernt werden müssen. Genau dafür steht Favre, Gladbach täte gut daran, schnell mit dem begehrten Trainer zu verlängern