Halbfinale Deutschland und Frankreich im Vergleich
Frankreich ist leichter Favorit, aber…
Trainer (Deutschland)
Seit Juli 2012 ist Didier Deschamps im Amt, Joachim Löw kommt auf sechs Amtsjahre mehr. In Länderspielen ausgedrückt, hat der Bundestrainer (135) 83 Partien mehr als sein französischer Gegenüber gecoacht (52). Das allein sagt noch nichts über die Qualität aus, aber bei allem Respekt vor Deschamps‘ Leistung, aus vielen Einzelkönnern ein Team geschaffen zu haben, dürfte Löw einen leichten taktischen Vorteil haben.
Torwart (Deutschland)
Vier Tore hat Hugo Lloris in fünf Spielen kassiert, Manuel Neuer erst einmal aus dem Spiel heraus hinter sich gegriffen und zudem das Selbstvertrauen, das Elfmeterschießen gegen Italien mit entschieden zu haben. Damit und mit seiner Kluberfahrung hat der 30-jährige Münchner die Nase knapp vorn, auch wenn der 29-jährige Lloris, der in Tottenham das Tor hütet, auf zehn Länderspiele mehr als Neuer kommt.
Abwehr (Frankreich)
Mit dem gesperrten Mats Hummels muss die DFB-Elf auf zentraler Stelle wechseln, hat aber mit Benedikt Höwedes und Shkodran Mustafi guten Ersatz. In Frankreichs Viererkette sind alle Spieler — Bacary Sagna, Adil Rami, Laurent Koscielny und Patrice Evra — 30 Jahre oder älter, aber sehr abgeklärt — und auch in ihren Vereinen auf internationaler Bühne gefordert. Ein leichter Vorteil.
Mittelfeld defensiv (Frankreich)
Blaise Matuidi und Paul Pogba bildeten zuletzt das nominelle Defensivduo, die Dienste von N’Golo Kanté waren nicht mehr gefragt. Matuidi hielt dabei Pogba den Rücken frei, damit der sich in die Offensive einschaltete — zweifelsohne ein starkes Duo. An der Seite von Toni Kroos wird die DFB-Elf wechseln müssen. Emre Can oder Julian Weigl haben noch nicht so viel Spielpraxis und Frankreich so die etwas besseren Karten.
Mittelfeld offensiv (Unentschieden)
Julian Draxler, Mesut Özil, Thomas Müller, vielleicht ja auch eine Überraschung namens Leroy Sané oder die Rückkehr von Mario Götze? Bundestrainer Joachim Löw hat einige Alternativen, aber sie müssen ihre volle Leistung abrufen, um mit klangvollen Namen wie Moussa Sissoko, Antoine Griezmann und Dimitri Payet mitzuhalten. Ein knappes Duell ohne Sieger
Angriff (Frankreich)
Mario Gomez fehlt — ein herber Verlust. Stürmt der quirlige, aber bislang unglückliche Mario Götze oder rückt vielleicht Thomas Müller in die Spitze? Das könnte den Gomez-Ausfall zumindest in Sachen Kopfballspiel einigermaßen in Grenzen halten. Frankreich hat mit Olivier Giroud einen Topstürmer und damit voraussichtlich einen Vorteil.
Reserve/Bank (Unentschieden)
André Schürrle und Lukas Podolski haben noch nicht richtig überzeugt, Leroy Sané könnte eine belebende Überraschung sein. Bei Frankreich fällt vor allem der veranlagte Anthony Martial auf der Bank auf, aber das war es dann auch schon so ziemlich. Trotz aller Ausfälle erreicht die DFB-Elf ein Unentschieden.
Erfahrung (Unentschieden)
Im Mannschaftsdurchschnitt ist Frankreich knapp zwei Jahre älter als Löws Team, die meisten Spieler sind zudem im Ausland aktiv und mit ihren Vereinen im internationalen Geschäft tätig. In dieser Hinsicht haben die Deutschen allerdings auch einige Expertise, die vermeintlich erfahreneren Italiener ausgeschaltet und zudem einige Weltmeister von 2014 im Team —.
Momentum/Fan-Unterstützung (Frankreich)
Frankreich spielt zuhause, kann sich auf eine große Fanunterstützung verlassen, hatte Island im Viertelfinale schon zur Pause abgeledert und schonte Kräfte. Deutschland wird darauf setzen, dass sich die Franzosen in Sicherheit wähnen, auch wegen der Ausfälle im DFB-Team. Aber: Geht Deutschland in Führung, könnte die Erwartungshaltung der Fans zu einem großen Druck werden. Sonst: Punkt für Frankreich.