Zuarbeit für Löw - Schneider und Sorg mögen zweite Reihe
Évian-les-Bains (dpa) - Mit dieser Zukunftsvision sorgte Joachim Löws Assistent Thomas Schneider für erstaunte Gesichter. „Also ich könnte mir durchaus vorstellen, bis Katar weiterzumachen“, sagte der Co-Trainer mit Blick auf die Fußball-WM 2022.
Nach einer kurzen Kunstpause fügte der 43-Jährige mit einem Lächeln an. „Nein, so lange Jogi Cheftrainer ist, und er mit meiner Arbeit zufrieden ist, so lange bin ich gerne an seiner Seite und unterstütze ihn.“
Seit September 2014 arbeitet Schneider als Nachfolger von Weltmeister-Assistent Hansi Flick bei der DFB-Auswahl. Im März berief Cheftrainer Löw, der bis nach der WM 2018 in Russland unter Vertrag steht, zusätzlich noch Nachwuchscoach Marcus Sorg in seinen Stab.
Zusammen mit Bundestorwarttrainer Andreas Köpke bilden die beiden früheren Bundesliga-Chefcoaches im stetig vergrößerten Betreuerstab der deutschen Nationalmannschaft das Trainerteam. „Der Fußball ist komplexer geworden. Das erfordert auch mehr Manpower auf mehreren Ebenen“, erklärte Sorg in Évian-les Bains.
„Im Verein ist es ein Standard. Und in der Nationalmannschaft ist es auch sehr wichtig, weil die Zeitfenster in der Nationalmannschaft wesentlich geringer sind als im Verein. Die wenige Zeit wollen wir sinnvoll nutzen, und das kann mit mehr Manpower immer besser“, führte der studierte Ingenieur aus. Videoanalysen, Gruppenarbeit, Gegnersichtung und vieles mehr sind mit zwei Co-Trainern besser zu leisten als mit einem. Die beiden früheren Bundesliga-Coaches müssen dabei aber das eigene Ego hinter Weltmeister Löw zurückstellen.
Fast-Nationalspieler Schneider - dreimal nominiert, aber nie eingesetzt - war bis zur Ablösung durch Huub Stevens nach einem guten halben Jahr für die Geschicke des damaligen Bundesligisten VfB Stuttgart verantwortlich. Der frühere Zweitligaspieler Sorg startete schon mit 33 Jahren seine Trainerkarriere und arbeitete in Deutschlands höchster Spielklasse für den SC Freiburg. Im Jugendbereich war der 50-Jährige schon beim FC Bayern verantwortlich. Seinen größten Erfolg feierte er beim DFB: 2014 führte er die U19-Nationalelf um EM-Neuling Joshua Kimmich zum EM-Titel.
„Wenn man sich nicht immer so an der Front sieht und persönlich ein bisschen zurückhält, ist die Aufgabe als Assistent eine Aufgabe, die sehr viel Spaß macht, auch wenn man vorher schon Cheftrainer war“, sagte Sorg, der bei den Turnierspielen einen besonderen Platz hat. „Marcus ist in der ersten Halbzeit auf der Tribüne oben, was natürlich auch in die Halbzeitanalyse einfließt“, verriet Schneider.
Eine klare Aufgabenverteilung zwischen den beiden Löw-Vertrauten, die wie der Chef aus Baden-Württemberg stammen, gibt es nicht. Beide verstehen sich als Zuarbeiter, um dem Bundestrainer die bestmögliche Entscheidungsgrundlage zu bereiten. Auf dem Trainingsplatz zahlt sich das Verteilen der Aufgaben auf mehrere Personen für Löw sichtbar aus.
„Wir arbeiten dann in Gruppen, so dass Jogi als eine Art Supervisor über dem Ganzen schwebt“, erklärte Schneider. „Ich bin nicht so erfahren wie der Marcus im Trainergeschäft, aber mir macht es einfach wahnsinnig Spaß, in der Rolle zu fungieren.“
Der 133-malige Stuttgarter Bundesligaprofi Schneider kennt den Bundestrainer schon aus gemeinsamen VfB-Tagen. Anders als vor neun Jahren greift der Assistent bei einer Sache sicher nicht noch einmal ein: Nach dem Pokaltriumph im Jahr 1997 hatte „Frisör“ Schneider seinem damaligen Coach Löw kurzerhand die Haare geschoren.