Absteiger aus der Hauptstadt Wo Hertha BSC vor dem Zweitliga-Auftakt bei Fortuna steht

Düsseldorf/Berlin · Hinter Fortunas Gegner zum Saisonauftakt liegen turbulente Wochen – auf und neben dem Platz.

Herthas Trainer Pal Dardai (M.) steht während einer Trainingseinheit zwischen den Spielern.

Foto: dpa/Andreas Gora

Anfangs noch etwas zurückhaltend, bahnte sich die Sonne über dem Olympiagelände irgendwann doch ihren Weg durch die Wolkendecke. Das freute nicht nur Präsident Kay Bernstein, sondern auch alle Fans von Hertha BSC, die sich am vergangenen Samstag zur Saisoneröffnung in den Westen der Stadt aufgemacht hatten. Und das waren durchaus einige: ungefähr 10 000. Obwohl die Unruhe sowohl im Verein von Fortunas Auftaktgegner als auch in dessen Umfeld kaum größer sein könnte, sind Vorfreude und Euphorie in Berlin groß.

Zweite Liga? Den Abstieg haben Verantwortliche und Fans augenscheinlich akzeptiert, nun blicken sie erstaunlich hoffnungsfroh in die Zukunft. Die angespannte Finanzlage lächeln sie beiseite, den noch unfertigen Kader nehmen sie klaglos hin, den Wirbel um Torwart-Zugang Marius Gersbeck nach einer körperlichen Auseinandersetzung im Trainingslager versuchen sie fern von der Mannschaft zu halten. Ihr ganzes Vertrauen legen sie in Chefcoach Pal Dardai, der Hertha mit jeder Faser seines Körpers lebt. Der 47-Jährige hat 373 Pflichtspiele für die Berliner absolviert, ist nach dem Ende seiner Laufbahn als aktiver Profi in den Trainerstab des Nachwuchsleistungszentrums aufgerückt und hat zwischen 2015 und 2019 sowie im vorvergangenen Jahr für einige Monate bereits als Chefcoach die Verantwortung für die einst noch in der Bundesliga spielende Truppe getragen. Im vergangenen April ist die nächste Einstellung gefolgt, diesmal als Feuerwehrmann – das lichterloh brennende Hertha-Haus konnte Dardai jedoch nicht mehr löschen.

Nun übernimmt er die Verantwortung für den Wiederaufbau. Wo die Berliner stehen, wissen sie allerdings wohl selbst allenfalls ungenau. Aus diesem Grund wartet auf Fortuna am Wochenende eine Wundertüte, vor allem, was die personelle Besetzung anbelangt. Mit den Verpflichtungen von Fabian Reese (Holstein Kiel) und Toni Leistner (VV St. Truiden) hat die „Alte Dame“ zwar zwei Duftmarken gesetzt, währen Jeremy Dudziak (Greuther Fürth) momentan seinen Fitnessrückstand aufholt. Allerdings schleppt Hertha noch einige hochbezahlte Akteure, die den Verein schnellstmöglich verlassen sollen, um neue finanzielle Mittel zu generieren, aus der vergangenen Saison mit sich herum. So steht Ex-Fortune Dodi Lukebakio zum Beispiel nach wie vor auf der Gehaltsliste, trainiert aber separat und spielt in den konkreten Planungen keine Rolle. Dass er am Samstag (20.30 Uhr, Arena) plötzlich auf dem Rasen auftaucht, ist daher relativ unwahrscheinlich.

Demgegenüber sollen weitere neue Spieler folgen. Diego Demme (SSC Neapel) und Serdar Dursun (Fenerbahce Istanbul) befinden sich auf der Hertha-Wunschliste, außerdem wird Palko Dardai in die Hauptstadt zurückkehren. Damit wäre die „Dardai-Dynastie“, so nennt sie der Berliner Boulevard, perfekt: Auch die anderen beiden Söhne des Trainers, Marton und Bence, sind Teil der Profimannschaft. Die Vorbereitungsphase lief derweil einigermaßen durchwachsen. Gegen die Young Boys Bern (2:4), Royal Antwerpen (0:1) und Standard Lüttich (1:1), die namhaftesten Testspiel-Gegner, gelang den Berliner kein einziger Sieg. Außerdem zeigten sie sich in der Defensive fehleranfällig und in der Offensive harmlos – was für die Partie gegen Fortuna etwas bedeuten kann, aber keinesfalls etwas bedeuten muss. Immerhin: Neben dem Platz scheint die Truppe nach dem Abstieg zusammenzuwachsen, auch das registrieren die Fans offenbar. Ob die Sonne nun wieder längerfristig über der Hertha scheint, wissen sie freilich nicht. Doch die Hoffnung ist groß.