Spieler und Sportdirektor bedient Krasser Schiedsrichterfehler entscheidet direkten Aufstieg in Kiel gegen Fortuna
Analyse | Kiel · Analyse Nach dem 1:1 feiert Kiel den Bundesliga-Aufstieg – und bei Fortuna herrscht Enttäuschung. Grund dafür ist Schiedsrichter Sven Jablonski, der den Düsseldorfern trotz Videobeweis einen klaren Handelfmeter und fast 90 Minuten in Überzahl verweigert.
Die Szenerie ist mit „skurril“ nur unzureichend beschrieben. Während auf dem Rasen des Kieler Holstein-Stadions Tausende von Fans der „Störche“ ausgelassen den ersten Aufstieg eines Klubs aus Schleswig-Holstein in die Bundesliga feiern, versuchen sich die Fortuna-Spieler irgendwie einen Weg durch das Chaos zu bahnen. Niemand aus der Organisation hat das alles wirklich im Griff, doch zum Glück bleibt wenigstens alles friedlich.
Zu ihren eigenen Fans, die tapfer im Gästeblock ausharren und die bärenstarke Leistung der Fortuna beim unglücklichen 1:1 in Kiel mit den Spielern feiern wollen, kommen Kapitän Andre Hoffmann und Co. erst lange nach dem Abpfiff. Zwischendurch gibt es noch die obligatorischen Gespräche mit den Medienvertretern – allerdings unter freiem Himmel bei den Mannschaftsbussen, weil niemand in Kiel eine Idee hat, wie man des ganzen Trubels im Stadion Herr werden soll.
„Es tut schon ein bisschen weh, diese Bilder jetzt so sehen zu müssen“, gibt Hoffmann zu. Klar, ist Fortuna doch in den rund 98 Spielminuten zuvor die klar bessere Mannschaft gewesen. Und besonders bitter ist, dass sie auch eine gute Chance gehabt hätte, dies zahlenmäßig auszudrücken. Wenn eben nicht Schiedsrichter Sven Jablonski eine nicht nur in den Augen der Fortunen völlig unverständliche Entscheidung getroffen hätte. Bereits in der sechsten Minute geschah es, beim Stand von 1:0 für die Gastgeber. Vincent Vermeij köpfte den Ball Richtung Tor, das von Keeper Timon Weiner verlassen war, weil dieser mit Fortuna-Rechtsaußen Felix Klaus zusammengeprallt war. Die Kugel wäre eindeutig ins Netz geflogen – wenn sie nicht Kiels Abwehrspieler Patrick Erras mit der linken Hand am Kasten vorbeigelenkt hätte. Handelfmeter und Rot für Erras wäre die Konsequenz gewesen, doch Jablonski entschied auf Eckball und wurde nach kurzer Überprüfung seitens des Videoassistenten Johann Pfeifer auch nicht darin korrigiert. Erst als der vierte Offizielle Timon Schulz offenbar auf die massiven Proteste der Fortuna-Bank hin Jablonski um eine Überprüfung am TV-Schirm bat, ging der Bremer kurz zur Seitenlinie, blieb aber bei seiner Meinung. Kein Elfmeter, und was noch viel entscheidender war: keine Rote Karte gegen Erras, der mit seinem Handspiel einen klaren Treffer verhindert hatte. Somit auch keine Überzahl für Fortuna.
„Ich hatte den Blick von draußen und auch gleich TV-Bilder“, sagt der erst später eingewechselte Hoffmann in der improvisierten Interviewzone. „Für mich gibt es keine zwei Meinungen. Wir werden jeden Sommer vor dem ersten Spieltag geschult. Da kommen Schiedsrichter und erklären uns die Regeln, und jedes Jahr ist Handspiel ein Thema. Mir als Verteidiger wird seit 14 Jahren erzählt, wo meine Hände zu sein haben. Und eins ist klar: Wenn ich mit meiner Hand ein klares Tor verhindere, dann ist das Elfmeter und Rot. Und gerade mit dieser Konsequenz ist das eine spielentscheidende Szene.“ Mehr noch: eine Szene, die den direkten Aufstieg entschied. Denn fast 90 Minuten lang mit nur neun Feldspielern hätten die ohnehin unterlegenen Kieler kaum das Unentschieden halten können. Aber wie hat sich Jablonski dann herausgeredet, als der Kapitän ihn damit konfrontierte? „Die Erklärung, die ich da bekommen habe, macht nicht so viel Sinn“, berichtet Hoffmann. „Irgendwas von angelegtem Arm habe ich da gehört.“ Was im Übrigen nicht stimmt, wie die Fernsehbilder belegen. Erras spielt den Ball mit der linken Hand, die er seitlich zu Vermeij stehend vor seinem Körper hält – also in der Fluglinie des Balles, nicht am Körper. Christian Weber gibt dem Kapitän Recht. „Das ist maximal ärgerlich für uns“, stellt Fortunas Sportdirektor fest. „Unserer Meinung nach war das ein klarer Elfmeter, und diese Meinung habe ich nicht exklusiv. Der Schiedsrichter hat mir eben nach dem Spiel noch einmal erklärt, dass es seiner Meinung nach nicht strafbar war, weil die Hand vor dem Körper gewesen sei. Für mich ist es aber nicht die richtige Entscheidung, das muss ich ganz ehrlich sagen.“ Auch Florian Kastenmeier ist wegen Jablonskis Sichtweise restlos bedient. „Das ist natürlich sehr bitter für uns“, erklärt der Torhüter. „Über diese Szene muss man überhaupt nicht streiten, das ist eine ganz klare Rote Karte und ein Elfmeter. Die Hand geht vom Körper weg, und der Ball wäre ganz klar ins Tor gegangen. Wir haben den Schalter danach zwar schnell umgelegt und ein Riesenspiel gemacht. Aber wir haben den direkten Aufstieg auch nicht heute verspielt, sondern in den Wochen, als wir ein paar Punkte liegengelassen haben.“