Zwischen Krefeld und Kabul: Said Daftari verstärkt afghanische Elf

Wenn Said Daftari seinen schlichten Amateur-Dress gegen das erhabene Nationaltrikot tauscht, steckt mehr dahinter als bloße Heimatverbundenheit. Ein echter Patriot will der Nachwuchs-Kicker vom KFC Uerdingen zwar nicht sein ­ zumal er gleich zwischen zwei Ländern und Lebenswelten steht.

Krefeld (dpa/lnw). „Für Afghanistan zu spielen, erfüllt mich aber mit Stolz“,sagt der 25-Jährige leicht verlegen. In wenigen Tagen stellt sich Daftari einerganz besonderen Herausforderung: Vom 4. bis zum 15. Juni kehrt der gebürtigeDeutsche seinem „Erstwohnsitz“ Mönchengladbach den Rücken, um die afghanischeAuswahl bei der Qualifikation zum Südostasien-Cup 2009 zu vertreten.

Seit Tagen fiebert der bodenständige Sport-Freak seinem ersteninternationalen Einsatz bei der Ausscheidungsrunde auf den Malediven entgegen.„Wir werden dort auf 16 asiatische Teams treffen. Das wird sicher nichteinfach“, glaubt Daftari.

Die Vorfreude ist jedoch schon vor dem Abflug zumTrainingscamp im Indischen Ozean an diesem Sonntag riesig. Noch kennt erNationalcoach Klaus Stärk, der ihn erst vor knapp zwei Wochen in den Kaderberufen hatte, nicht persönlich. „Wir sollten aber zueinander passen“, gibt sichDaftari optimistisch.

Der deutsche Trainer der afghanischen Elf setztoffenbar große Hoffnungen in den afghanischen Spieler mit deutschen Wurzeln.Denn es ist gerade der bunte Nationalitäten- und Kultur-Mix, der die Truppe desKrisenstaates zusammenhält.

„Neun von uns kommen aus Deutschland. Die Übrigenteilen sich auf Afghanistan und Europa auf“, berichtet Daftari. Er selbstbegreift sich ­ eher pragmatisch denn pathetisch - als Botschafter einer neuenGeneration: „Es ist schön, ein Teil dessen zu sein, was den Fortschritt inAfghanistan widerspiegelt.“

Kriege und Krisen prägten auch seineBiografie ­ wenngleich nur indirekt, denn „ich selbst war noch nie in der Heimatmeiner Eltern“. Zwei Jahre nach der sowjetischen Invasion entschloss sich dasEhepaar 1982, Kabul zu verlassen. Der Vater arbeitete als Lufthansa-Pilot, dieFamilie der Mutter zog nach London. Derweil entdeckte Said schon lange vor demAbitur, dass er das Zeug zur Sportler-Karriere hat.

„Ich investiere vielin den Fußball“, erzählt er. In der Jugend- Abteilung von BorussiaMönchengladbach ließ Daftari sein Talent reifen. Zu Beginn der Saison 2007/2008trat der Mittelfeld-Spieler dann unter Aleksandar Ristic, dem schillerndenEx-Coach von Fortuna Düsseldorf, beim KFC Uerdingen an.

Angesichts des Abstiegsaus der Oberliga Nordrhein am vergangenen Wochenende sei der Club, bei dem zuErstliga-Zeiten Größen wie Holger Fach oder Friedhelm Funkel unter Vertragwaren, ein wenig unter die Räder gekommen. Er würde aber weiterhin beim KFCkicken, „wenn die Konditionen stimmen“.

Vorerst gelte es nun, sich aufden Auftritt auf der Weltbühne zu konzentrieren. „So eine Nationalmannschaftkann schon ein Türöffner sein. Mit ein bisschen Glück spielt man nach einigerZeit in der ersten oder zweiten Liga.“ Um dem Glück nachzuhelfen, ist fürDaftari der Doppelpass mittlerweile nicht nur auf dem Rasen, sondern auch in derJackentasche unverzichtbar:

Bis vor zwei Wochen war er Deutscher, einEilverfahren beim afghanischen Konsulat verschaffte ihm nun zusätzlich dieStaatsbürgerschaft der Eltern. „Das ging ganz fix.“

AllenProfi-Ambitionen zum Trotz fühlt sich Daftari am Niederrhein dennoch heimischerals am Hindukusch. Hier ist er aufgewachsen, hier arbeitet er, hier lebt seineVerlobte. Und Bescheidenheit ist für ihn eine Tugend. „Ich hatte immer imHinterkopf, dass ich für Afghanistan nominiert werden könnte. Aber ich weißauch, wo die Grenze ist.“