Klinsmann will es DFB-Team „unglaublich schwer machen“
São Paulo (dpa) - Herz ausschalten, Poker-Face aufsetzen und für 90 Minuten Freundschaften, Fußball-Vergangenheit und die eigene Heimat vergessen. Für US-Coach Jürgen Klinsmann ist die Sache klar.
Jetzt geht's ums „Big Business“.
Um mit den USA sicher das WM-Achtelfinale zu erreichen, muss der ehemalige Bundestrainer seinem Kumpel Joachim Löw am Donnerstag im letzten Vorrundenspiel in Recife mindestens ein Unentschieden abknüpfen.
„Wir werden es der deutschen Mannschaft unglaublich schwer machen. Das wird ein Hitzespiel, sehr schwer für beide Seiten, dort 90 Minuten fokussiert zu bleiben, keine Fehler zu machen und nach vorne zu spielen“, betonte Klinsmann. Er freue sich auf das Wiedersehen und habe auch viel Respekt, aber man traue sich schon zu, mitzureden. Der Schwabe steht seit Tagen im medialen Mittelpunkt, die Aufmerksamkeit richtet sich voll auf ihn. Dennoch gibt sich der 49-Jährige gelassen. Die Freundschaft zu seinem ehemaligen Assistenten Löw werde nicht unter den 90 Minuten leiden, sagt Klinsmann. Und selbstverständlich sei dieses Duell für ihn etwas ganz Besonderes.
„Da stehen dein Stab, den du aufgebaut hast und Spieler gegenüber, die du kennst und denen du auch die Daumen drückst, dass sie Weltmeister werden. Auf der anderen Seite spielt auch viel Stolz mit, die USA zu repräsentieren“, offenbarte der Wahl-Kalifornier. Klinsmann will „beide Hymnen mitsingen“ und geht davon aus, dass sich „beide Mannschaften alles abverlangen und ins Achtelfinale kommen“ werden.
Die Konstellation ist einfach: Deutschland führt die Tabelle der Gruppe G mit vier Punkten und 6:2-Toren vor dem punktgleichen US-Team (4:3 Tore) an. Bei einem Unentschieden wären beide Mannschaften weiter. Die daraus resultierenden Fragen nach „einem zweiten Gijon“ hält Klinsmann für „fehl am Platz.“ Die USA hätten schließlich mit dem ominösen 1:0-Sieg des deutschen Teams bei der WM 1982 gegen Österreich nichts zu tun. Ein - vermeintlich unabgesprochener Nichtangriffspakt - hatte damals beiden das Weiterkommen ermöglicht.
Die Amerikaner könnten sich sogar eine Niederlage erlauben, müssten dann aber darauf hoffen, dass Ghana nicht zeitgleich die bislang so enttäuschenden Portugiesen besiegt. Auf derartige Rechenspiele will sich Klinsmann gar nicht einlassen. Er benutzte vor dem Abflug nach Recife auffällig oft das Wort „K.o.-Runde“. Eine Heimreise nach der Gruppenphase hat er nicht eingeplant.
Klinsmann ist natürlich das Gesicht des Duells mit Deutschland. Doch fünf Spieler, Sonderberater Berti Vogts, Scout Matthias Hamann und Myoreflex-Therapeut Niklas Albers stehen im US-Team ebenfalls für „Made in Germany“. Jermaine Jones trug vor seinem Länderwechsel in der A-Nationalmannschaft sogar dreimal das Trikot mit dem Bundesadler. „Das macht mich sehr stolz, sowas in einer Fußball-Nation wie Deutschland geschafft zu haben“, sagte der gebürtige Frankfurter. Er habe „viele Freunde“ im deutschen Team, so Jones, aber für dieses eine Spiel müsse alles ruhen. „Ich werde ihnen in diesem Spiel nicht die Daumen drücken, aber ansonsten bin ich absolut auf der deutschen Seite.“
Ähnliche Töne sind von John Anthony Brooks zu hören. Der Verteidiger von Hertha BSC ist in Berlin geboren und aufgewachsen und hat sich mit seinem Siegtreffer zum 2:1 gegen Ghana umgehend einen Platz in den Herzen der US-Soccer-Fans gesichert. „Ich habe natürlich eine deutsche Seite und bin darauf sehr stolz. Aber jetzt bin ich voll Amerikaner“, sagte Brooks, der erstmal auf der Bank sitzen wird. Durch den verletzungsbedingten Ausfall von Stürmer Jozy Altidore (Oberschenkelzerrung) ist mit der gleichen US-Startelf zu rechnen wie beim 2:2 gegen Portugal.
Somit sind Jones im defensiven Mittelfeld und der Neu-Gladbacher Fabian Johnson als rechter Außenverteidiger gesetzt. Beide spielten gegen Ghana und Portugal überragend. Jones bereitete ein Tor vor, schoss gegen die Südeuropäer das 1:1 und feierte den Treffer ausgelassen. Sollte er seinen ehemaligen Schalker Teamkollegen Manuel Neuer bezwingen, werde er sich hingegen nicht freuen, hat Jones bereits angekündigt. „Das ist eine Sache des Respekts. Ich bin da geboren, das Land hat mir so viel gegeben.“ Nach dem Schlusspfiff hingegen will er jubeln - über den Einzug ins Achtelfinale.