Island schreibt weiter am eigenen Fußball-Märchen
Moskau. Nach dem großen Coup hat Fußball-Zwerg Island schon das nächste Fest im Sinn. „Wartet mal ab, wie wir feiern, wenn wir mal ein Spiel gewinnen. Das wird erst eine Feier sein“, kündigte Trainer Heimir Hallgrímsson nach dem Punktgewinn der frechen Wikinger gegen Superstar Lionel Messi und dessen Argentinier an.
In der Kurve ließen sich die erschöpften Spieler von ihrem beeindruckend lauten Anhang schon nach dem 1:1 feiern. Die Überraschung gegen den zweimaligen Weltmeister sorgte bei Island für große Gefühle.
„Wir erleben die besten Momente in Islands Fußball-Historie“, sagte Augsburgs Alfred Finnbogason, der kaltschnäuzig die Führung von Starstürmer Sergio Agüero ausglich und damit Islands erstes Tor bei der WM-Premiere erzielte. „Das ist der großartigste Moment in meiner Karriere, ohne Zweifel. Wir schreiben hier Geschichte und das Tor ist das Sahnehäubchen“, erklärte der völlig losgelöste Finnbogason, der vor allem wegen seiner Qualitäten bei der Abwehrarbeit aufgeboten wurde. „Er hat getroffen, also können wir nicht so falsch gelegen haben“, rechtfertigte der Trainer, dessen Matchplan gegen den hohen Favoriten ideal aufging.
Tatsächlich dürfen die Insel-Kicker vor dem zweiten Spiel gegen Nigeria am Freitag auf einen erneuten Vorrunden-Coup hoffen. Den schwersten Gegner haben sie hinter sich, und gegen Kroatien haben sie sich bereits in der Qualifikation durchgesetzt.
Die Situation gleicht der bei der EM 2016: Damals trotzte Island zum Start Portugal einen Punkt ab, dann begann das kleine Huh-Wunder. Auch deshalb wollte sich Elfmeter-Held Hannes Thór Halldórsson, der mit einem parierten Strafstoß von Superstar Messi den Punktgewinn erst ermöglichte, das Ergebnis nicht schlechtreden lassen. „Es ist ein großartiges Unentschieden für uns. Wir haben bei der letzten Euro gemerkt, wie wichtig es ist, in das Turnier zu kommen“, sagte der 34 Jahre alte Keeper, der im normalen Leben Filmemacher ist. Auch Islands Geschichte als Favoritenschreck ist filmreif.
Mit Ausnahme von Spielmacher Gylfi Sigurdsson hat kaum einer der Spieler internationales Format. Doch Hallgrimssons robustes Team agiert diszipliniert und lässt sich von den großen Namen der Szene nicht aus dem Konzept bringen. Mit diesem Selbstverständnis wird Island ein ekliger Gegner bleiben. dpa