Analyse: Ein Klima besonderer Nähe in Hannover

Hannover/Berlin (dpa) - Am 30. Juni 2010 wurde Christian Wulff zum Bundespräsidenten gewählt, sein Vorgänger Horst Köhler war gerade unter spektakulären Umständen zurückgetreten. Davor war Wulff sieben Jahre lang CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen.

Gute Kontakte zur Wirtschaft und zu Unternehmern waren da selbstverständlich. Doch in Hannover herrschte, nicht erst seit Wulffs Amtszeit, ein Klima besonderer Nähe.

Die Frage ist jetzt, ob für den Bundespräsidenten andere Maßstäbe gelten müssen als für einen Regierungschef in Hannover, und vielleicht sogar rückwirkend. Unbestritten ist, dass Wulff auf Fragen über seine Geschäftsbeziehung zu dem Osnabrücker Unternehmer Egon „Bubi“ Geerkens nicht gelogen hat. Aber die Opposition wirft ihm vor, eben auch nicht die Wahrheit über ein Darlehen von dessen Frau über 500 000 Euro gesagt zu haben.

Wulffs Beziehungen zu Wirtschaftsbossen waren auch in Hannover durchaus umstritten. Zu seinen engsten „Freunden“ in der beschaulichen Landeshauptstadt gehörten damals neben Rechtsanwalt Götz von Fromberg, dem einstigen Büropartner von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), auch RWE-Vorstandschef Jürgen Grossmann, TUI-Vorstandschef Michael Frenzel und Carsten Maschmeyer, der Gründer des Finanzdienstleisters AWD. Der Medienberater Michael Spreng sprach einmal von „Erbfreundschaften“, denn Wulff habe das System von seinem Vor-Vor-Vorgänger Gerhard Schröder geerbt.

Trotz stetiger Kritik seitens der Landtagsopposition suchte Wulff die Nähe zu Wirtschaftsgrößen. Gemeinsam mit seiner zweiten Frau Bettina und den Kindern verbrachte der frisch gekürte Bundespräsident noch im Sommer 2010 einen Urlaub in Maschmeyers Villa auf Mallorca. Ein Fehler, wie er später öffentlich einräumt.

Nicht der einzige - und jetzt kommt Egon Geerkens ins Spiel, der erst mit Schrott und dann mit Schmuck sein Vermögen gemacht hat. Schon 1988, bei Wulffs erster Hochzeit, war Geerkens als Trauzeuge dabei. Weihnachten 2009 erholten sich die Wulffs in dessen Villa in Florida. Zunächst machte nur der Flug dorthin Ärger. Kostenlos wurde Wulff von Air Berlin in die luxuriösere Business Class umgebucht - aus Sicherheitsgründen, wie es hieß. Nachdem Medien die Geschichte einige Zeit später publik machten, trat Wulff die Flucht nach vorn an. Schnell zahlte er die Zusatzkosten. Formal ist ihm nichts vorzuwerfen.

Doch der Flug nach Florida war den Grünen in Hannover Anlass für eine Anfrage: Sie wollten wissen, ob Wulff geschäftliche Beziehungen zu Geerkens oder zu einer Firma mit Beteiligung von Geerkens gehabt habe. Nein, lautete die Antwort, zu genannten Unternehmen habe es keine geschäftlichen Beziehungen gegeben. Was Wulff aber nicht sagte: 2008 hatte er sich 500 000 Euro von Geerkens Frau Edith geliehen.

Die Opposition in Berlin und Hannover fühlt sich nun getäuscht. „Christian Wulff hat den niedersächsischen Landtag nicht belogen. Aber ... er hat nicht die ganze Wahrheit gesagt“, meint etwa SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann in Berlin. Wulff habe die Wahrheit „verschwiegen, ohne direkt gelogen zu haben“, sagt auch die Linke in Hannover.

Der heute 67-jährige Geerkens findet nichts dabei, dass seine Frau Wulff eine halbe Millionen Euro geliehen hat. Anfang 2008 seien die Zeiten schwierig gewesen für Geldanlagen, sagt der Osnabrücker Unternehmer „Spiegel Online“. „Christian musste sein Leben neu ordnen, und jeder weiß, dass Scheidungen teuer sind.“

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