Analyse: Finanzkrise könnte auch Städte treffen

Kämmerer fürchten Nachteile aus Leasinggeschäften mit Investoren aus den USA.

Berlin. Die weltweite Finanzkrise lässt auch bei vielen Kommunen in Deutschland die Alarmglocken schrillen. Kopfzerbrechen bereiten den Kämmerern Geschäfte, die lange vor dem Bankensterben als Rettungsanker für die notorisch klammen Stadtkassen galten: sogenanntes Cross-Border- Leasing (CBL), grenzüberschreitende Leasing-Geschäfte.

Dabei wurde kommunales Eigentum wie Müllverbrennungsanlagen, Messehallen, Straßenbahngleise oder Abwasserkanäle an US-Investoren verleast und sofort wieder zurückgepachtet. Weil die einst so flüssigen internationalen Partner aufgrund der aktuellen Krise jetzt ins Straucheln geraten sind, könnten auf die Kommunen höhere Kosten zukommen.

Um von Steuervorteilen in den USA zu profitieren, hatten sich Mitte der 1990er Jahre viele Kommunen auf CBL-Geschäfte eingelassen. Städtisches Eigentum wurde in der Regel für 99Jahre an den US-Investor verleast, gleichzeitig allerdings für eine Laufzeit zwischen 25 und 30Jahren zurückgemietet.

Der Investor zahlte die Leasingrate für die gesamte Laufzeit, erhielt jedoch in den USA einen Steuervorteil, von dem er zwischen vier und fünf Prozent - meist Millionensummen - sofort an die Stadt abgab. Der Großteil des Kaufpreises floss an Banken, die das gesamte Geschäft abwickeln, und an Versicherungen, die für die Geschäfte bürgen.

Die Banken legten den von ihnen verwalteten Teil des Kaufpreises am Kapitalmarkt an, um mit den erzielten Renditen unter anderem die laufenden Leasingraten sowie den von den Kommunen nach etwa 30 Jahren angestrebten Rückkauf der Infrastruktur zu finanzieren.

"Wenn die beteiligten Banken jetzt Pleite gehen, ist die Verkaufssumme pfutsch", sagte der Kölner CBL-Experte Werner Rügemer. Im schlechtesten Fall blieben die Städte dann gegenüber ihrem Investor zahlungspflichtig. Das Geld für den Rückkauf der Stadthalle oder des Schienenverkehrs müssten sie dann selber neu aufbringen.

Etwa 50 Kommunen ließen sich bis zum Verbot dieses Steuerlochs durch den US-Senat 2004 auf rund 200solcher Geschäfte ein. Versicherer war dabei oft der AIG-Konzern, dessen Pleite von der US-Notenbank kürzlich mit einem Kredit von 85Milliarden Dollar abgewendet wurde. Die Ratingagenturen, die Noten für die Finanzstärke eines Unternehmens vergeben, straften den Versicherer ab. Erwartet wird, dass er seine gestiegenen Kreditkosten nun auf die Kunden abwälzt.