Finanzkrise: Der Staat als Dompteur

Als Gegenleistung für ihr Hilfspaket will Berlin die Banken kontrollieren und Managergehälter beschneiden. Doch die Skepsis wächst.

Düsseldorf. Finanzminister Peer Steinbrück bemühte sich um Balance - einerseits das Rettungspaket von fast 500Milliarden Euro für Banken zu schnüren, andererseits nicht den Steuerzahler auf die Palme zu bringen. Deshalb war seine Wortwahl publikumswirksam: Man werde massiv Einfluss auf die Institute nehmen und Bankern Demut eintrichtern. Das sorgte zunächst für Genugtuung beim Volk, doch mittlerweile setzt Ernüchterung ein.

Dabei klingen Steinbrücks Pläne so einfach: Wenn das Finanzministerium einem Institut mit Kapitalhilfe zur Seite springt, dann erhält der Bund nicht nur im Gegenzug Aktien - er kann auch Bedingungen stellen. Will er die Daumenschrauben anziehen, begrenzt er das Gehalt des Vorstands, streicht Abfindungen, Dividenden und Boni. Schließlich gelten die Bonus-Orgien nach kurzfristigen Erfolgen als ein Hauptgrund des Desasters.

Besonders schmerzlich träfe die Gehaltsbegrenzung Josef Ackermann. Sollte der Chef der Deutschen Bank die Hilfe in Anspruch nehmen, könnte sein Jahresgehalt von knapp 14Millionen Euro auf 500000 Euro abstürzen.

Mittlerweile wächst aber die Kritik. Entscheidend sei nicht das Gehalt, sondern die Maßgabe, Manager für ihre Fehler haften zu lassen, betont der Berliner Wirtschaftsforscher Joachim Schwalbach. Steinbrücks Vorschlag sei "reiner Populismus".

Juristen sprechen sogar von irrealen Planspielen. Sie geben zu bedenken, dass solche Eingriffe in das Unternehmensrecht nicht durch die Verfassung gedeckt seien. Es sei denn, der Staat würde sich bei Banken massiv einkaufen und so das Recht erwerben, künftig in den Aufsichtsräten zu sitzen. Aber auch dann wäre der Bund machtlos, wenn die Verträge der Top-Banker eine Laufzeit von mehreren Jahren hätten - und das ist die Regel.

Ohnehin werden sich die Unternehmen mit allen Mitteln sträuben, den staatlichen Rettungsring zu ergreifen. Das wäre nicht nur eine Image-Katastrophe, sondern das Ende ihrer Unabhängigkeit. Nur logisch, dass in den vergangenen Tagen kein einziges Institut SOS gefunkt hat.

Zwar gibt man sich beim Bundesverband Deutscher Banken eher kleinlaut und zerknirscht, beteuert, man werde Eingriffe akzeptieren. Doch die Banken wissen, dass der schrille Abgesang auf das Prinzip des freien Marktes eher eine Schock-Reaktion als das Vorzeichen einer Zeitenwende ist. Schon heute warnen Experten vor einer ordnungspolitischen Zwickmühle: Sobald der Bund mehr als eine Bank kontrolliert, kommt es zu massiven Anreizproblemen: ohne Konkurrenz keine Effizienz.

Einerseits haben die Sturzflüge der Landesbanken bewiesen, dass der Staat keinesfalls der bessere Banker ist. Andererseits gibt es derzeit aber durchaus vernünftige Vorschläge, das System zu lenken. So fordern die Grünen, Steueroasen zu schließen, Hedgefonds unter Aufsicht zu stellen, gefährliche Finanzprodukte zu verbieten und internationale Finanztransaktionen zu besteuern.

Auch Verbraucherschützern schweben sinnvolle Eingriffe vor. "Es soll nur Hilfe für Banken geben, die sich zu einem fairen Umgang mit Kunden verpflichten", regt etwa Gerd Billen vom Bundesverband der Verbraucherzentralen an.

Sollten die Bundesregierung und Brüssel nur einen Teil dieser Forderungen umsetzen, stünden sie vor einem gesetzgeberischen Marathon.

Geplatzt Der eine halbe Milliarde Euro teure Verkauf eines Hochhauses in Frankfurt ist wegen der Bankenkrise geplatzt. Die Übernahme des Opernturmes wurde abgesagt, teilte die Fondsgesellschaft KanAm mit. Eigentümer des Gebäudes sind die angeschlagene Großbank UBS und der Immobilienentwickler Tishman Speyer. KanAm wollte den 168 Meter hohen Turm für einen Immobilienfonds kaufen.

Gefragt Viele Isländer setzen angesichts der Bankenkrise auf Luxusuhren als Wertanlage. Der einzige isländische Importeur der Uhrenmarke Rolex sagte, er habe seit Krisenbeginn "einen bedeutenden Umsatzanstieg" verzeichnet. "Die Kunden wollen etwas Handfestes. Sie trauen den Zahlen auf ihrem PC nicht mehr, da sie gesehen haben, wie diese sich in Rauch auflösen", hieß es.

Gebremst Der US-Motorradhersteller Harley-Davidson ist angesichts der Wirtschaftskrise auf immer steilerer Talfahrt. Auch das bisher starke Europa-Geschäft zeigt nun scharfe Bremsspuren. Der Überschuss brach im dritten Quartal um 37 Prozent auf 167 Millionen Dollar ein. Der Umsatz fiel um knapp acht Prozent. Der Kult-Hersteller kappte seine bereits deutlich gesenkte Gewinnprognose erneut.

Gestiegen Die Krise beschert dem Klassiker unter den Wertanlagen ein Comeback: dem südafrikanischen Krüger-Rand. "Im vergangenen Monat hat sich unser Umsatz verdreifacht", heißt es bei der Südafrikanischen Goldmünzen-Börse. Zuletzt wurde mit 9400 Rand (725 Euro) ein neuer Preisrekord in der mehr als 40-jährigen Geschichte der Münze erzielt.